Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer! hat der junge Mann im blauen Hosenanzug letzte Woche gesagt und mir die Autotüre aufgehalten. Ich nickte und sagte Danke, gleichfalls! Ich setzte mich hinein, startete den Motor und schaltete die Scheibenwischer an und drückte auf den Heizungsknopf. Die Sommerreifen sind nun montiert, doch es regnete anhaltend stark und ich fror. - Einen schönen Sommer, darauf hoffen wir nun alle, nicht? Nach all diesen kalten und nassen Tagen sieht man inzwischen wenigstens das frische Grün aus den braunen Ästen sprießen und die Bäume sind aufgeblüht. Ich habe dieses Wiedererwachen der Natur schon lange nicht mehr als solch ersehnte Wohltat erlebt wie dieses Jahr. Richtig ausgehungert fühle ich mich.
Thalia macht sich nicht viel daraus, denn die Schnecken sind aus dem Winterschlaf erwacht und mit der Nässe munter unterwegs. Thalia ist im Schneckenparadies. Jeden Tag findet sie neue Schnecken und bringt sie mit nach Hause. Wie süss! Sie holte Teller und Schälchen aus der Küche und legt sie hinein. Jeden Tag nimmt sie frische Salatblätter aus dem Kühlschrank und verköstigt ihre Lieblinge. Ab und zu büxst eine aus und dann wissen wir: irgendwo in der Küche muss nun eine Schnecke sein... Sie hat die erste gefundene Schnecke des Jahres mit einem Glitzerherzchen beklebt und ihr den Namen "Herzchen" gegeben. Jede neue Schnecke bekommt einen eigenen Namen. Thalia liebt ihre Schnecken. Sie beobachtet sie, nimmt sie auf die Hand und trägt sie mit sich herum. Und wenn Cosima beim Essen aufschreit und verlangt, dass Thalia nun sofort ihre Schnecke vom Schoss nehmen soll, weil es sie ekle, eine Schleimschnecke während dem Essen neben sich zu haben, kann Thalia darob ganz unglücklich und verständnislos in die Welt schauen.
Auch Christian bringt nicht mehr viel Empathie auf und verlangte gestern, dass Thalia nun alle Schnecken wieder frei setzen müsse. Cosima stimmte gleich mit ein und schalt Thalia als Tierquälerin, die dann für den Tod der Schnecken verantwortlich sei. Heulend kam sie zu mir ins Badezimmer gerannt, als ich eben aus der Dusche stieg und ich musste sie in die Arme nehmen und versichern, dass ich ihre Schnecken ganz toll fände und sie eine gute "Schneckenmama" sei und die Tierchen es bei ihr nicht so schlecht haben wie Cosima es behauptet.
Ich bin ehrlich gesagt fasziniert von Thalias Freude an den Schnecken. Ihr Herz geht richtig auf dabei und sie lebt mit den Tierchen mit. Sie legte sie kürzlich auf einen Glastisch und legte sich neugierig darunter. Sie kreischte vor Vergnügen, als sie die kriechende Schnecke von unten beobachten konnte. Und wenn dann die Dinger übereinander kriechen, dann ist sie sich sicher, dass das Mama und Kindchen sind. Oder Mama und Papa, wenn sie sich "küssen". Eigentlich sollte ich einen Kurzfilm darüber drehen...hätte ich das Know-how dazu.
Vergangene Woche durfte Cosima ihre Erst-Kommunion feiern und wir waren alle super glücklich, dass wenigstens an diesem Sonntag die Sonne warm und gütig vom Himmel schien. Was gibt es Schöneres für kleine und schon größere Mädchen, als in einem hübschen Kleidchen ohne Jäcklein und langer Unterwäsche herum hüpfen zu dürfen? Cosima genoss es, für einen Tag unsere Prinzessin zu sein.
Ein grosses Dessertbuffet ist für mich wichtig, wenn ich ein Fest organisiere. Ich halte nicht viel von einem einzigen Desserteller. Nein, es muss zu viel des Guten sein. So viel zu viel, dass man noch ein paar Tage davon essen kann, nachdem man allen Gästen noch Kuchenstücke, selbst gemachte Meringues und Schokoladenmousse mit nach Hause gegeben hat. Beim Dessert soll man schlemmen können.
Ich liess mich für die Dekoration und das Dessert von Cosima's Kleid inspirieren: weiss, romantisch und mit Spitzen verziert. Und ich fand im Brockenhaus eine kleine, weisse Porzellantaube. Sie musste mit auf den Desserttisch, als Symbol für die Präsenz Christian's Eltern. Sie haben zwei Täubchen auch auf ihrem Grab und für uns sind das Sinnbilder ihrer Seelen.
Der Zauber und Duft des italienischen Frühlings, den wir an Ostern in Ligurien erlebten, holte ich zur Erinnerung auf den Tisch. Und ich kochte ein Couscous mit Karotten, Orangen und Zitronen.
Die Erstkommunion ist vorbei und der herein geholte Frühling ist inzwischen wunderschön verblüht und verblasst. Jetzt warten wir langsam ungeduldig auf die Fülle der Natur vor unserer eigenen Haustür...
Wir haben Frühlingsferien und planen, bald nach Frankreich zu fahren. Wir hoffen auf zuverlässige Sonne und sichere Wärme.
Es grüsst Euch herzlich,
Iren, die sich jetzt schon aufs Baguette freut!