Diese Yuccas haben uns erwartet, als wir mit dem Auto angefahren kamen. Ohh! war unser erster Ausruf - wie schön die blühen! Ganz viele dieser Pflanzen säumten den Weg und standen wie weiße Kerzen. Es ist November und es blüht nicht mehr viel um diese Jahreszeit. Vom Regen sind die Wiesen wieder grün und die Natur hat ein saftiger Anblick. Um diese Zeit hat es an den Aprikosen- und Feigenbäumen keine Früchte mehr, auch der Maulbeerbaum gibt seine tiefroten Beeren im Spätfrühling. Aber die Olivenbäume stehen im Feld, mit reich behangenen Ästen. Wie viele es hat und wie reif sie sind, das ist immer die große Überraschung, wenn wir ankommen. Und nie scheint es perfekt zu sein. Der genau richtige Moment für die Olivenernte wird immer wieder diskutiert. Jedes Jahr ist anderes.
Wir waren zwei Wochen früher als letztes Jahr und bereuten am ersten Tag unseren Entscheid. Im Dorf haben die meisten noch nicht mit ernten begonnen. Ja, es ist eine große Philosophie, zu welchem Zeitpunkt man die Oliven erntet. Dazu gibt es verschiedene Theorien und Vorlieben. Das Öl schmeckt auch sehr unterschiedlich, je nach Zeitpunkt der Ernte. Wenn man noch eher unreife Oliven erntet, dann wird das Öl fruchtiger und "schärfer" zugleich. Je länger man wartet, desto milder wird es, doch dann fallen auch schon wieder viele überreife Oliven auf den Boden und gehen verloren.
Dieses Jahr waren wir anfangs enttäuscht, weil wir jene Bäume zuerst geerntet haben, die noch sehr kleine, grüne Oliven hatten. Da war viel Arbeit und wenig Ertrag. Und die ganz kleinen Oliven, von denen es viele gab, konnten wir mit dem Handrechen kaum abernten, sie schlüpften durch den Zwischenraum. Aber danach kamen noch einige andere Bäume, die grosse, reife Früchte trugen und wir waren glücklich.
Die Arbeit ist körperlich streng. Wir machten dieses Jahr alles von Hand, mit speziellen Rechen streiften wir die Äste ab, liessen die Oliven auf das Netz fallen, welches rund um dem Baum am Boden lag und sammelten dann das Netz zusammen. Wir teilten uns auf in eine Bodentruppe und in eine, die auf den Leitern die oberen Äste aberntete. Damit waren wir stets ein paar Leute an einem Baum. Und wir hatten Zeit zu reden.
Cosima hat für eine kleine Zwischenmahlzeit gesorgt, an der sich vor allem die anderen Kinder freuten: Brot mit Schokoladenpulver. Weil wir Erwachsenen beschäftigt sind mit arbeiten, genießen die Kinder eine große Freiheit und übernehmen Verantwortung für sich selber.
Calista war immer bei uns und um uns herum. Weil sie sehr genügsam sein kann, war sie die Tage glücklich zu unseren Füssen und spielte mit den Oliven.
Die Großen nahmen sich mehr Spielradius. Es gibt viel Platz, um sich zu vertun und zu verlieren. FREIHEIT ist das grosse Gefühl, das wir alle hier in der Provence haben.
Zwischendurch halfen die Kinder mit, doch ihre Geduld fürs Ernten war klein. Dennoch erlebten sie, dass es eine körperlich anspruchsvolle Arbeit ist. Sie verstanden nebenbei auch, dass Lebensmittel nicht einfach in der Fabrik entstehen, auch wenn man sie im Lebensmittelladen einfach kaufen kann.
Am dritten Tag wurden wir am späteren Nachmittag fertig und fuhren unsere Ernte in die Mühle unseres Dorfes. Der große Moment war gekommen und wir freuten uns darauf, als ob Weihnachten wäre.
Warten auf das Öl... Vom Waschen zum gepressten Öl dauert es eine gute Stunde. Manchmal gehen wir zwischendurch etwas trinken und stoßen an.
Im Außenbereich werden die Oliven zuerst gewogen und gewaschen.
Im Innenbereich dann mit hoch modernen Maschinen gepresst.
Wir ernteten ein bisschen mehr als 600kg Oliven und bekamen dafür etwa 92 Liter Olivenöl. Das reicht gerade für den Jahresbedarf meiner großen Familie. Wir haben dieses Jahr ein fruchtiges, leicht scharfes Öl bekommen. Und natürlich, wie jedes Jahr, ist es das Beste, das wir je hatten... Wenn der eigene Schweiß daran klebt, dann kommt erst der gute Charakter des Öl heraus. So ist es.
Es grüßt Euch herzlich,
iren x.
Wer über die letztjährige Ernte lesen möchte: Olivenernte