Wir sind aus Frankreich zurück und wir finden uns im Alltag wieder. Thalia kam heute von der Schule nach Hause und schwenkte ein Blatt. Sie durften aus den Ferien erzählen und sie schrieb folgendes: "Wir sind äinkaufen gegangen und wir kauften ein Merschweichen."
Willi Wuschel ist unser Ferienabenteuer geworden. Und ich spüre eine Mischung aus Scham und Verantwortung, Vorbehalten und Vorfreude. Meine Schwester war auch ein paar Tage in Frankreich und Thalia hatte Gelegenheit, mit dem kleinen Hundchen Balu Zeit zu verbringen. Wir haben ja Beule, unseren Hund, den wir regelmässig hüten und der auch bei uns schläft. Aber für Thalia ist das zu wenig und Beule zu gross... Mit viel Liebe, Fürsorge und Geduld widmete sie sich also dem Hündchen meiner Schwester und zählte angstvoll die Stunden, bis meine Schwester wieder ab fuhr. Danach weinte sie. Nicht nur fünf Minuten. Auch nicht nur eine halbe Stunde. Eine Stunde? Nein, den ganzen Abend war sie in Tränen. Mama, Papa, ich will auch so ein Hündchen haben! Bitte! Als wir sie ins Bett brachten, schluchzte sie noch und meinte, dass jetzt die Zeit gut sei, danach werde sie zu alt für einen Hund. Sie brauche jetzt einen Hund. Wir hätten noch etwas Zeit, aber nur noch wenige Monate. Bis sie acht sei hätten wir die Chance, ihr einen Hund zu kaufen. - Beruhige dich Thalia, wir nehmen das Thema ernst, aber jetzt musst du schlafen... Ich kann mich nicht beruhigen, Mama, das weißt du doch! Sie ist dann doch noch eingeschlafen und ich atmete auf. Morgen wird alles schon weniger schlimm sein. Als wir abends ins Bett gingen, lag bei Christian ein Zettel auf dem Kopfkissen: Liber Papa, ich wünsch mir einen Hebi Hunt (kleiner Hund zum auf dem Schoss haben). Thalia. Und dazu legte sie eine Postkarte mit ganz süßen, jungen Kätzchen. (Um Christians Herz aufzuweichen, meinte sie später). Wir lächelten und spürten, wie sehr sie sich nach einem Tierchen sehnte, dass sie halten und streicheln kann. Während der Nacht erwachte ich, weil Thalia zu schluchzen begann. Ich stand auf und ging zu ihr ins Zimmer. Sie weinte, im Schlaf. Was hast du, Thalia? - Du weisst doch Mama, ich brauche einen Hund!
Das Thema ging natürlich am nächsten Morgen weiter, einzig der Tränen hatte sie nicht mehr so viele. Aber doch immer wieder. Und immer wieder lag sie Papa in den Ohren, wie lange er noch brauche bis er sich entschieden habe. Er habe noch bis zu ihrem achten Geburtstag Zeit. Aber sie möchte es schon vorher wissen. Das ging den ganzen Tag und wir versuchten ihr zu erklären, dass sie mit drängen nicht schneller zum Ziel kommen werde. Und dass ein Hund nicht so schnell angeschafft werden könne. Und wir klärten über das Leben mit einem Hund auf und sprachen über die Verantwortung, doch der Kopf ist das eine, und das Herz wieder was ganz anderes. Sie verstand nur die Sprache des Herzens.
Und dann geschah es. Ein weiterer Tag später, wir waren im "Gamm vert", einen Laden für Pflanzen, Erde, Töpfe, regionalen Produkten zum Essen aber auch allerlei Futter und Zubehöre für Tiere. Und Kleintiere selbst. Dort entdeckten wir Willi Wuschel, das verschüchterte, einsame Meerschweinchen. Ein ganz süßes Kerlchen, mit wuscheligem, lockigem Fell. Wie Thalias Haare. Thalia empfand Liebe auf den ersten Blick. Und ich Mitleid auf den ersten Blick. Er saß in einer Ecke in einer Vitrine, ohne Unterschlupfmöglichkeiten, ohne richtiges Streu. Und er war angeschrieben: Cochon d'Inde, Texel. Prix reduit: 25 Euros. Ein Meerschweinchen in Aktion... Wie absurd! Was für ein armes Kerlchen. Schnell war die Bitte da, es haben zu dürfen. Thalia wünschte sich so ein Kuschel-Meerschweinchen. Ich schaute fragend zu Christian und wir beratschlagten uns. - Also mir ist ein Meerschweinchen zur Zeit lieber als ein Hund... - Aber ein Meerschweinchen kauft man doch nicht einfach so, zusammen mit Erde, Nährstoffen für den Baum und Gartenzaun. - Stimmt, das macht man nicht, aber manchmal kommt etwas im Leben ganz unverhofft... Ich fragte die Verkäuferin über die Haltung eines Meerschweinchens aus und wollte wissen, ob es den ok sei, nur eins zu haben? Klar, kein Problem! Und ob es unsere Tochter dann halten und streicheln dürfe? Klar, das lieben sie!
Wir kauften also das Meerschweinchen, das noch im Laden, bevor wir bezahlten, den Namen Willi Wuschel erhielt. Thalia's Augen strahlten vor Glück und im Auto hielt sie die ganze Zeit ihren Willi Wuschel in den Armen und sprach ihm gut zu. Zuhause richteten wir ihm eine große Kartonbox ein, mit viel Spreu, Heu und Unterschlupf. Doch Willi Wuschel hatte nur Angst und verkroch sich den ganzen Tag irgendwo in eine Ecke und bewegte sich kaum. Er aß kaum, er wurde panisch wenn wir in seine Nähe kamen und ich machte mir mit jeder Stunde mehr Sorgen und war überzeugt, einen großen Fehler gemacht zu haben. Ich las im Internet viel und verstand schnell, dass die Verkäuferin uns fast nur falsche Informationen gab. Ein Meerschweinchen sollte man nie alleine halten (inzwischen ist das Gesetz in der Schweiz sogar so, dass man sich dabei strafbar macht), sie brauchen viel mehr Platz und man sollte sie nicht zum Kuscheln missbrauchen... Ich fand übers Internet Meeschweinchenzüchterinnen, die eine halbe Stunde von Zürich leben. Die schrieb ich an und wir vereinbarten, dass wir Willi Wuschel noch auf dem Heimweg von unseren Ferien bei ihnen vorbei bringen. Dort kann er dann sofort mit seinen Artgenossen zusammen sein und sich von all seinen Strapazen in seinem bisherigen kleinen Leben erholen. (Diese Einsamkeit!) Wir haben Zeit, ein größeres Gehege für ihn zu bauen und suchen uns dann dort ein zweites Meerschweinchen aus. Wenn alles bereit ist, kommt er mit einer Freundin zu uns nach Hause. Das wird in etwa sechs Wochen sein.
Seit einer Woche haben wir ein Meerschweinchen namens Willi Wuschel, spontan gekauft in Aktion, das aber noch nie bei uns Zuhause war. Wie absurd dies alles klingt! Und entgegen allen Regeln und Gewohnheiten. Ich schäme mich einerseits für diesen naiven Spontankauf, anderseits, hätten wir es nicht gemacht, wäre Willi Wuschel immer noch im Schaufenster schutzlos und einsam ausgestellt... Und weil er schon etwas "älter" ist (3.5 Monate), wohl bald nicht mehr verkäuflich, deshalb die Aktion. Aber wir kauften Willi Wuschel nicht weil er in Aktion war, sondern unglaublich süß und hilflos.
Grundsätzlich ist es einen Fehler, ein Tier spontan zu kaufen, aber nimmt man schutzlose Tiere nicht auch unüberlegt bei sich auf, wenn man ein Herz hat, um ihnen zu helfen?
Willi Wuschel hat die Tage alleine bei uns in Frankreich kaum gegessen (nur leise, nachts) und sich fast nicht bewegt. Wir hatten ernsthafte Sorgen um ihn. Sobald wir aber bei den Züchterinnen im Garten standen und er andere, weibliche Meerschweinchen roch, regte sich ihn ihm einen Urinstinkt. Und wie er mit einem Weibchen, das er decken darf, in ein Gehege kam, da blühte er innert wenigen Minuten vor unseren Augen auf. Er umgarnte das Weibchen mit seiner Männlichkeit, wurde lebhaft und begann auch gleich zu essen. Es war eine wahre Freude!
Nun planen wir das zukünftige Meerschweinchen-Gehege, und Christian wird es bauen. Derweilen hoffen wir auf einen baldigen Wurf eines trächtigen Weibchens. Von den Jungen darf sich dann Cosima eins aussuchen und wenn die Zeit reif ist, kommen unsere beiden Meerschweinchen zu uns. Willi bleibt bis dann dort, bis dann muss sich Thalia gedulden, von ihm träumen, von ihm erzählen und ihn zeichnen. Willi Wuschel!
Und ich plane nicht nur das Gehege, sondern auch wieder das Wochenmenu...Der Alltag... Ich liebe es, das Wochenmenu zu planen, weil ich dann gezielt einkaufen gehe und nicht lustlos überlegen muss, was ich heute denn wieder kochen soll, um dann festzustellen, das mir die Hälfte der Zutaten fehlen. Oder am Ende der Woche in den Kühlschrank schaue und mit schlechten Gewissen abgelaufene Lebensmittel entsorgen muss... Ich weiß, es ist nicht jedermann Sache, doch man kommt nach ein paar mal auf den Geschmack. Und wenn man nicht jeden Tag planen will, dann kann man auch nur jeden zweiten Tag planen. Ich rechne je nach dem auch immer Resten ein. Um noch mehr Spaß zu haben, nehme ich für jede Woche ein anderes Kochbuch aus dem Regal (ich habe soooo viele...!) und suche mir nur Rezepte aus diesem Buch aus. Die Seitenzahl schreibe ich dann zum Wochentag, mit dem Rezept. Und weil mich einige Leserinnen schon gefragt haben, ob ich ihnen meinen leeren Wochenplan zuschicken würde, gibt es ihn hier zum Ausdrucken:
Es ist kein perfektes pdf, aber es genügt, sonst dauert es wieder Monate, bis ich mein Versprechen einlösen kann...
Ich grüße Euch herzlich, auf eine schöne Woche!
Iren