Freitag, 29. Juli 2011

Portugal



Zitronenbäume, süße Orangen, Eukalyptus, sanfte Hügel, alte, kleine Steinhäuser, Ruinen, Gebäck mit Zuckerguss, Menschen mit großen Händen, lachende Münder, Herzlichkeit. - Das taucht vor meinem inneren Auge auf, wenn ich an unsere Ferien zurück denke. Portugal hat für mich ein Gesicht bekommen. Ein warmes, schlichtes Antlitz.


Finanzkrise - das war etwas vom Wenigen, was ich aktuell über dieses Land wusste, bevor ich ins Flugzeug stieg. Aber anscheinend, so ließ ich mir sagen, erkennt man von außen noch nicht viel davon. Doch man sieht schnell, dass Portugal sowieso  kein reiches Land ist. Viele Menschen sind mit wenig zufrieden und bewirtschaften ihr Stück Land mit eigenen Händen.

Viele neu gebaute Häuser sind mit verdientem Geld aus Deutschland oder aus der Schweiz finanziert. In vielen Dörfern sind die Hälfte der Bewohner mal vorübergehend ausgewandert, aus wirtschaftlicher Enge, mit Hoffnung auf besseres Leben. Ihre neuen Häuser statuieren den Erfolg und spornen die Daheimgebliebenen an, es auch zu versuchen. Den Schritt ins Ausland zu wagen.

 - So kam Claudia, meine Perle. Sie, die mit Herz und Seele mich zuverlässig und flink im Haushalt unterstützt und mich so von Woche zu Woche vor dem eigenen verzweifelten Untergang rettet... Claudia hat uns eingeladen, nach Portugal zu kommen, ihre Familie kennen zu lernen und uns zu erholen.

Wir kamen gerne.

Es ist immer etwas Spezielles, ein Land von Innen her kennen zu lernen. Bei Einheimischen wohnen zu dürfen, mit ihnen am selben Tisch das Essen zu teilen. Sich in ihren vier Wänden zu bewegen, mit ihren Decken sich abends einzuwickeln und ihrer Sprache zu lauschen. Ihren Geschichten zu zuhören und ein bisschen ihre Gewohnheiten kennen zu lernen.



Es war bereichernd zu sehen und zu erleben, wie ihre Familienmitglieder selber das Gemüse anbauen, Tiere halten, die sie dann mit eigener Hand schlachten und zubereiten. Wie sie den einfachen Gang in den Supermarkt vermeiden, sondern selber dieses Prozedere auf sich nehmen. Ehrlich das Fleisch verdienen. Cosima war anfangs schockiert als sie davon erfuhr und wollte es nicht essen, doch ich war froh, dass sie dies mal kennen lernte. So sieht die Wahrheit aus. Und schliesslich ass sie doch vom Hühnchen. Aber sie hat darüber reflektiert und wir haben uns Gedanken zum verantwortungsvollen Fleischkonsum und über vegetarisches Essen gemacht.



Essen bedeutet Arbeit. Schmutzige Hände, Rückenschmerzen. Da schätzt man die Lebensmittel wieder anders, wenn der eigene Schweiss daran klebt. Auch mit "unserem" Garten, den wir dieses Jahr haben, konnten wir diese wertvolle Erfahrung machen. Plötzlich isst Thalia Kartoffeln, weil sie sie voller Freude selbst ausgegraben hat.








Es war toll, mit dem Leben auf dem Land, bei den Bauern, vertrauter zu werden. Die Kinder genossen es sehr und wollten sich gerne auch nützlich machen.

Wir machten auch schöne Ausflüge. Z.B. an einen kleinen Teich in wunderschöner Natur, der mit seinem kalten Wasser das Badevergnügen zur Mutprobe machte.








Oder wir fuhren mit der Eisenbahn nach Porto ans Meer.


Matrosin Calista war auch in der Crew.





Das Meer war kalt und der Wind war kalt. Was mich betraf: ich blieb in den Kleidern. Aber Claudias Tochter Adriana wagte ihren allerersten Gang ins Meer! Und kam bald enttäuscht wieder zurück. Nicht weil es kalt war. Ihren Mund war ganz zu gekniffen und sie war entsetzt: Iren, ist das Meer für jeden Menschen so salzig? - Ja, für alle. Da muss man durch... aber man gewöhnt sich daran.






Porto hat viel nostalgischen Charme und bietet unzählige pittoreske Ecken und schöne Fotosujets. Klick, klick, klick - man könnte die ganze Zeit mit der Kamera vor dem Auge herum laufen. Diese Ornamente, diese Farben, diese Architektur. Die Menschen, das Licht, die Luft. Der Duft. Alles inspiriert und wird hungrig aufgesogen. Bis es einen schwindlig wird, der Kopf schmerzt und man sich schliesslich dankbar wieder auf einen heimwärts fahrenden Zugsitz fallen lässt.








Wir hatten auch kleine Abenteuer, wie zum Beispiel beim Dorfladen gleich ums Ecks ein Cola kaufen.


Oder Besuch des Fischverkäufers, der mit lauter Musik und seinem kleinen Lieferwagen durch die Dörfer fuhr und frischen Fisch verkaufte.

 

Frische Sardinen, die Claudias Mutter dann auf dem Feuer gegrillt hat. Sie schmeckten so gut, dass sogar die Kinder sie assen, mit den feinen Geräten und den knusprigen Flossen inklusive. Nur den Kopf liessen sie im Teller zurück.






 

Danke, liebe Claudia, dass Du uns Dein Zuhause gezeigt hast! Wir haben uns sehr willkommen gefühlt, genossen die Gastfreundschaft Deiner Eltern, ihre Grosszügigkeit und Gelassenheit gegenüber lärmenden Kindern... Ihre Herzlichkeit. Er war schön, Dich in Deinem vertrauten Umfeld zu erleben und zu sehen, woher Du kommst.

Muito obrigada!