Montag, 31. Dezember 2012

Feuerwerk an Gefühlen, Gedanken und Wünsche

Ja, ich habe eine schöne Sendung erwartet und wusste, dass wir nicht missbraucht werden für journalistische Selbstdarstellung. Martina Arpagaus hat nicht nur einen wachen Geist, sondern auch viel Feingefühl. Darum wissend, haben wir mitgemacht. 

Die Sendung dann gestern Abend zu hören, hat uns aber komplett umgehauen. Wie Martina dieses Rohmaterial, das wir ihr geliefert haben, zu einem Diamanten schliff, das hat uns überwältigt. Ich sass eine Stunde lang mit Tränen in den Augen da und hörte zu, was Martina aus unserem Leben zusammen getragen und zusammen gesetzt hat, perfekt ergänzt mit den super Beiträgen des Fachmannes. Christina Lang, die meinen Blogauszügen die Stimme gegeben hat, fand ich auch wunderbar. Für mich war alles total stimmig, farbig und lebensnah. Ich bin glücklich.


Heute Morgen haben wir unseren Mädchen die Sendung über den Podcast zum Hören gegeben. Wir lagen alle auf einem grossen Bett, in einem Hotel irgendwo in den Bündner Bergen. Zeit und Ort egal, wir lagen alle beieinander und versanken lauschend in eine uns so vertraute Welt. Die Gesichter der Kinder dabei zu beobachten war für mich sehr schön. Sie staunten und lachten und waren ganz konzentriert dabei. Auch Calista hörte gebannt all den bekannten Stimmen zu und kommentierte freudig dazwischen.



Mit meinem Blog versuche ich ja möglichst viele Leser übers Herz zu erreichen, um die allgemeine Schwellenangst gegenüber und die Vorurteile über Menschen mit Behinderungen zu verringern. 

Diese Sendung unterstrich meine Absichten mit ganz neuen Dimensionen und darüber freute ich mich wahnsinnig. Das gibt mir viel Mut und Kraft weiter zu machen. 

Es ist gut und es wird noch besser. Unser Leben, deines und meines und das der anderen. 

Im Leben wartet hinter jeder Ecke eine Überraschung, eine spannende Geschichte, eine bereichernde Erfahrung. Wir haben den Zauberstab für unsere Magie des Lebens in der Hand.

Wir können aus Stroh Gold spinnen. Ich glaube daran.



Das möchte ich gerne allen, allen Menschen zu rufen. Im Speziellen all jenen, die ein Kind mit Down Syndrom in den Armen halten. 

Die letzten Stunden des alten Jahres sind nun angebrochen und mit einem Feuerwerk an Gefühlen in der Brust warte ich gespannt aufs neue. Dreizehn ist meine Glückszahl.

Euch allen lieben treuen und neuen Leser wünsche ich aus vollem Herzen ein 2013 mit viel Glück - Glück, damit Eure Herzensprojekte gelingen mögen.

Prosit Neujahr!
Iren xxx.


Samstag, 29. Dezember 2012

Emotionen geschenkt

Alles begann mit einem Email von mir. Oder: Es war einmal ein kleines Email. Dieses Email enthielt das Youtube-Video "Should I Stay or Should I Go" von The Clash und war an Christian gerichtet, der noch an der Arbeit war.

Christian schrieb mir post- resp. internetwendend zurück, dass er dieses Lied auch auf einer Platte im Keller habe. Ich sah gleich die, mit alten Platten gefüllte, Einkaufstüte vor meinem inneren Auge, die seit unserem Umzug im Keller verstaut war und knapp das große Ausmisten überlebt hat. Und mit diesem kurzen Antwortsatz von Christian wusste ich gleich, was ich ihm zu Weihnachten schenke. 

Das war irgendwann im September und ich musste mich gedulden wie ein kleines Kind, dass kaum ein Geheimnis für sich behalten kann. Und ich freute mich wie ein junges Mädchen, das ihrem Liebsten eine Überraschung machen kann.



Sie ist gelungen, die Überraschung! Christian war am Anfang etwas verdutzt und sagte: Du schenkst mir einen Plattenspieler!? Aber er freute sich.

Am nächsten Tag dann ging er in den Keller und kramte die verstaute Einkaufstüte hervor. Da kamen die Emotionen, als hätten sie auch im Keller gelegen. Christian schaute die Covers durch und ihm wurde gleich warm ums Herz und er strahlte weich. Mit viel Ehrfurcht packte er die Platten aus, entstaubte sie liebevoll mit einem Tuch und legte sie behutsam auf. Mit einer Hand die nicht vergessen hat, wie man eine Nadel vorsichtig aufsetzt, brachte er das erste Lied zum klingen. 




Cosima stand mit großem Interesse und Staunen daneben. Sie hat noch nie zuvor in ihrem Leben eine Platte gesehen, noch in der Hand gehalten. Mit einem kleinen Freudeschrei griff sie nach der ABBA Platte, ein Relikt aus Oma's Sammlung. 

Christian zeigte ihr, wie man eine Platte richtig anfasst und auflegt. Cosima staunte und war anfangs etwas verunsichert, lernte aber schnell. Und Thalia stand daneben rief: Wow, so eine grosse CD! Wir lachten.


Erst einen Tag nach Weinachten merkten wir, dass ich eigentlich nicht einen Plattenspieler geschenkt habe, sondern vor allem Emotionen. Das war ein schöner Moment für uns alle und seither hören wir nur noch die alten Platten von Christian. Denn: Weil sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute!

Und während Cosima nur noch die-große-ABBA-CD von Oma auflegt und mit Thalia dazu tanzt, warten wir ganz gespannt auf morgen Abend acht Uhr, wenn die Input-Sendung ausgestrahlt wird. Wir freuen uns und erwarten auch wieder Emotionen...

Ich grüße Euch alle herzlich,

Iren, die jetzt weiß, dass sich Christian nun alte Jazz-Platten wünscht.

Montag, 24. Dezember 2012

Wir wollen Gastgeber sein...


"Ich will Gastgeber sein für jede innere Ruhe die in mir wohnen will."

(Dieser Satz stand auf der Weihnachtskarte von Buffet für Gestaltung. Die beiden Illustratoren und Künstler, Silvio und Markus, verschicken jedes Jahr total abgefahrene Karten und ich liebe sie. Sie haben Sammelwert...)

Mit diesen Worten wünsche ich Euch allen frohe Weihnachten und mit Cosima's Lieblingsweihnachtslied verabschiede ich mich für heute. Ich gehen nun den VW-Bus dekorieren, wir wollen Gastgeber sein...



Ein stimmungsvolles Weihnachtsfest im Kreise lieber Menschen wünscht Euch,
Iren xxx.

Dienstag, 18. Dezember 2012

Der Geburtstagskuchen

Vor ein paar Tagen hatte ich Geburtstag. Am Vorabend roch es in unserem Haus süß und schwer nach Schokolade, ich lag bereits im Bett und lächelte vor mich hin.

Christian und ich haben eine Tradition: Jeder backt den Geburtstagskuchen für den anderen. Das machen wir nun seit 16 Jahren, ohne Ausnahme. Es gibt schon einige Erlebnisse und Geschichten rund um diese Geburtstagskuchen. 

Die ersten Kuchen, die ich für Christian buk, die waren ein Häufchen Elend. Entweder geschmacklich sehr mäßig, oder sie fielen buchstäblich auseinander, wenn ich sie aus der Form lösen wollte. Ich musste lernen, dass man beim Backen nicht einfach improvisieren kann wie beim Kochen. Nein, als Backnovizin, die ich war, sollte man sich ans Rezept halten. Dieser Lernprozess musste ich schmerzlich machen. Christian hat aber immer großzügig darüber hinweg geschaut und sich über jeden Geburtstagskuchen wahnsinnig gefreut. 

Diesen Herbst waren wir einige Tage mit dem VW-Bus in den Bergen unterwegs, als Christian Geburtstag hatte. Das bedeutete: keinen Ofen. Ich war schon fast verzweifelt, da erinnerte ich mich an die Pfannkuchentorte von Findus. So eine wollte ich schon lange gern mal essen, die sieht bei Petersson wunderbar fein aus! Wir haben auf der Wanderung am Tag davor noch Heidelbeeren auf 2000m Höhe gefunden. Die Torte sah mit den blauen Beeren so richtig frisch und authentisch aus.


Habt ihr auch schon mal eine Pfannkuchentorte gebacken? Sie ist sehr, sehr lecker. Christian schwärmt noch heute davon.


Christian selber hält sich beim Geburtstagskuchenbacken in der Regel an mein "Aargauer Rüeblitorte" Rezept. Dieser Kuchen ist so gesund, den kann man bedenkenlos zum Frühstück essen. 

Vor ein paar Jahren, als Christian den Kuchen eben heiß aus dem Ofen holte, entstand kurz danach zwischen uns eine Diskussion, die in einen Streit mündete. Worum es ging? Hab' ich schon lange vergessen. Bestimmt eine Alltagsbanalität, die ins Grundsätzliche abgleitete. Auf jeden Fall packte ich verletzt und wütend die noch warme Rüeblitorte und warf sie aus dem 2. Stock mit viel Schwung in die schwarze Winternacht hinaus. Und schloss das Fenster. Das tat gut.

Der Streit war damit beendet. Beide schwiegen. Und Christian ging schlafen, mit der Bemerkung, dass ich den Kuchen aufputzen müsse. Während er also im Bett lag und sich schwor, mir nie, nie, nie mehr einen Geburtstagskuchen zu backen, zog ich meine Schuhe an und ging nach draußen. Es war nachts viertel nach zwölf, ich hatte bereits Geburtstag und suchte zwischen den geparkten Autos nach meinem zerfetzten Geburtstagskuchen. Es war grotesk. Und während ich mich nieder beugte und meinen Kuchen teils an einem Auto klebend, teils auf der Straße liegend wieder fand, stopfte ich mir ein paar saubere Brocken in den Mund und wünschte mir einen frohen Geburtstag. Ein wunderschönes, neues Lebensjahr mit viel Gesundheit, Freude und Liebe! Ich hätte weinen können, musste aber lachen. Still und leise lachte ich in den ersten jungen Minuten meines damaligen Geburtstages vor mich hin. Da sah man mich, eine gestandene Frau Mitte dreißig, nachts auf der Strasse und aß meinen Kuchen.  


Seither necken wir uns, wenn Christian am Vorabend meines Geburtstages sich in die Küche begibt, um mir einen Kuchen zu backen. Bleib lieb zu mir, sonst landet er wieder auf der Strasse...

Dieses Jahr buk er mir ein riesengroßes Brownie in der Form eines Sternes. Köstlich. Ich blies die Kerzen aus, mit Hilfe von meinen Mädchen. Christian knipste Fotos und strahlte stolz. Und unsere kleine Welt war friedlich und freudvoll.

Es grüßt euch herzlich iren, die bis jetzt trotzdem jeden Geburtstag einen gebackenen Kuchen von Christian bekam...

Freitag, 14. Dezember 2012

das Radio bei uns

Wir hatten diese Woche einen ganzen Tag lang Besuch. Martina von SRF 3 kam zu uns nach Hause und sog unseren Alltag mit dem Mikrofon auf. 


Als mich Martina anfragte, für eine Sendung mitzumachen, sagte ich sofort zu. Martina ist eine Ferienbekanntschaft. Sie und ihre Familie haben letztes Jahr auf Kreta am selben Strand gebadet wie wir. Dabei haben wir uns auf Anhieb alle miteinander sehr gut verstanden und viele kleine Parallelen entdeckt. Wir haben es seither, trotz gutem Willen, nicht mehr geschafft, uns zu treffen, obwohl wir in derselben Stadt wohnen. Verrückt, nicht?
Am vergangenen Dienstagmorgen aber stand sie vor unserer Haustüre und klingelte. Und ich habe ihr geöffnet. Das fand ihre Tochter fies. Ihre Mama durfte uns alle wieder sehen, aber sie nicht. Ihre Mama kam nicht alleine, sondern mit einem hoch professionellen Mikrophon in der Tasche. Sie kam beruflich, als Radiojournalistin zu uns, um mit uns eine Sendung zu gestalten.



Es war eine ganz neue Erfahrung für uns und ich merkte schnell, wie schwierig es ist, radioreife Sätze spontan zu sprechen. Cosima machte das sehr locker und professionell und ihre Stimme hört sich sehr gut an. Ich habe gestaunt. Aber ich? Oh! Ich hätte einiges wieder anders formuliert... und noch so vieles bleibt ungesagt... Aber ich habe mit Martina abgemacht, dass ich an diesem Tag auf keinen Fall meine aufgenommene Stimme hören will. Sonst wäre ich bestimmt ganz verstummt. Mein Medium ist eher schreiben als sprechen... Ich lasse mich dann überraschen und Martina wird mit dem zusammengetragenen Material bestimmt eine tolle Sendung gestalten. Martina ist super.

Am Sonntag, den 30. Dezember wird es auf Radio SRF 3 eine Input-Sendung geben über Calista. Als Beispiel, wie man mit Down Syndrom leben kann. Ich bin sehr gespannt, vorfreudig und neugierig auf die Sendung.



An diesem Tag kam auch Calista's Heilpädagogin zu uns, um ihren Abschied zu geben. Leider. Sie verlässt uns, weil sie sich für die letzten zehn Berufsjahre noch etwas umorientieren möchte. Ich verstehe das sehr gut, doch waren wir traurig, dass wir uns von ihr verabschieden mussten. Zwei Jahre lang kam sie jeden Dienstagmorgen zu uns nach Hause, spielte mit Calista, beobachtete sie und führte neue Fähigkeiten ein. Sie hat es wunderbar gemacht, mit viel Verständnis und Liebe. 


Ich habe jeweils mit ihr eine Tasse Tee getrunken und mich viel mit ihr ausgetauscht. Das hat mir sehr gut getan. Besonders in den Anfängen hatte ich noch viel mehr Unsicherheiten bezüglich Calista's Entwicklung. Ihre langjährigen Erfahrungen, ihr angesammeltes Wissen und ihre gute Beobachtungsgabe habe ich sehr geschätzt. Wir haben viele angeregte und inspirierende Gespräche geführt und ich fühlte mich immer guter Dinge, wenn sie das Haus wieder verliess. Sie wird in der Sendung auch noch zu Worte kommen und das freut mich sehr, dass es sich so ergeben hat. Ein schönes Andenken an ein gemeinsames Wegstück!












Noch was:
Vor einigen Wochen habe ich einen Award von Katharina von Wachstumsschublade erhalten. Vielen Dank!! Auch wenn einige den Awards kritisch gegenüber stehen, habe ich mich darüber gefreut, schliesslich ist das ein Kompliment! Ich wusste aber dennoch nicht, wie ich nun damit umgehen soll. Die Auflage ist ja, dass man den Award fünf weiteren Bloggerinnen, die weniger als 200 Leser haben, weiter geben sollte. Es gibt aber viel mehr als fünf tolle Blogs, die weniger als 200 Leser haben und die es echt verdient hätten, weit mehr zu haben. Wie nun die Auswahl treffen? Wen berücksichtigen und wen nicht? So wollte ich es lieber bleiben lassen...

Aber das bringt niemanden etwas, oder? Ich habe mich nun entschieden, dass ich - weil ich Schweizerin bin - Schweizer Bloggerinnen den Award weiter geben werde. Einfach so, weil ich ja ein Kriterium der Auswahl brauche und dieses niemand persönlich zu nehmen braucht. Aber eben, auch da gäbe es mehr als fünf... Jetzt habe ich eine kleine Liste aufgestellt und  möchte nun diesen Bloggerinnen den Award offiziell übergeben. 

Mir gefallen:

... die Inspirationen von Sabine von Kleinbullerbü
... die guten Ideen verbunden mit tollem Design bei Rahel von Mamambini
... die fröhliche, gedankenvolle Welt von Denise von Sunny side of Things
... die einfachen, tollen Bastelideen von Natalie von SchäreSteiPapier
... die Poesie des Lebens von Franziska von Ffleur de Lys


Und hier noch die Award-Regeln:
1. Der Blog, der diesen Award erhält, darf nicht mehr als 200 Leser haben.
2. Man muss über den Award auf seinem Blog berichten.
3. Der Blog des Nominators muss auf der eigenen Seite verlinkt werden, damit der auch bekannter wird.
4. Gib den Award an 5 Blogs weiter und informiere sie drüber.
5. Schreibe diese Regeln auf Deinem Blog.
Herzlichst,
iren - off.



Sonntag, 9. Dezember 2012

Adventsmusik

Heute hatten wir den St. Nikolaus bei uns in der Stube zu Besuch, gemeinsam mit lieben Freunden. Das fanden nicht nur die Kinder sehr toll, auch uns hat der Nikolaus gut gefallen. Er hat es sehr stimmungsvoll gemacht und warmherzig und persönlich mit den Kindern gesprochen. 


Uns Erwachsenen hat er am Schluss folgende Worte auf den Weg gegeben: Nehmt Euch in den kommenden Tagen immer wieder Zeit, kurz inne zu halten. Zündet eine Kerze an, guckt in die Flammen, lasst das Lichtlein wirken und werdet ruhig. Tief einatmen.





Das erinnerte mich natürlich gleich an meine Adventsmusik. Wie ich vor einer Woche geschrieben habe, möchte ich jeden Adventssonntag eine kurze, bewusste Pause einschalten und das Stück 4'33" in drei Sätzen von John Cage "spielen". Dies ist die heute gespielte Interpretation:

4'33" - 2. Advent

I
Cosima's Stimme neben meinem Ohr - das Kopfkissen raschelt -- Geflüster aus dem Nebenzimmer -
kurzer Husten --- die Hand von Cosima legt sich auf die Bettdecke - geräuschvolles Einatmen - 
II
Die Heizung summt - Schnee fällt geräuschvoll vom Dach ---
III
Cosima dreht sich zur Seite - leises Schnarchen aus dem Nebenzimmer -- einatmen - ausatmen ---- einatmen - ausatmen --- einatmen - ausatmen --- einatmen - ausatmen --- Stille.

---

Ende.

Euch allen wünsche ich einen guten Start in die zweite Adventswoche, mit viel Ruhe im Herzen,
iren x.

Montag, 3. Dezember 2012

Nils ist dabei!

Im Sommer, als es noch schön warm war, da hab ich Marion und Nils auf ihrer Tournee mit dem Zirkus Chnopf besucht, als sie in Zürich gastierten. An einem sonnigen Morgen packte ich meine Kamera und ging los. Marion arbeitet in der Produktionsleitung und wohnte wie die Artisten in einem Wohnwagen. Ich freute mich auf Zirkusluft!

Und ich freute mich auf Marion und Nils. Wir haben uns zuvor erst einmal gesehen, das war eineinhalb Jahre her, an einem Babytreffen der lokalen Down Syndrom Gruppe. Nils war damals ein Baby von ein paar Monaten, das sie in den Armen hielt. Und nun erwartete mich ein neugieriger, kleiner Junge, der seine Mama bei ihrer Arbeit überall hin begleitet.



Wir hatten nur kurz Zeit, Marion musste sich wieder um Fragen und Problemen rund um den Zirkusalltag kümmern und ich nach Hause um Mittagessen zu kochen. Doch am Nachmittag kam ich nochmals mit meinen Kindern zurück, wir wollten eine Vorstellung besuchen.




Bevor wir uns dann wieder verabschiedeten, schauten sich die Mädchen neugierig den Zirkuswagen von Nils und Marion an. Zu sehen, wie man darin leben kann, das war spannend. Thalia fing gleich mit Nils' Bauklötzen zu spielen an. So ein Kinderzimmer würde ihr auch gefallen!

Mit einem kleinen Kind einen Sommer lang im Wohnwagen mit dem Zirkus herum zu ziehen ist aussergewöhnlich. So, wie die Geschichte von Nils, die uns Marion zu erzählen hat. Es ist eine wundersame und wunderschöne Geschichte, die ich gerne heute, am internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, Euch zu lesen geben will: Nils.




Sonntag, 2. Dezember 2012

4"33'

"Vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden" soll mein Advents-Sonntag-Ritual werden. Arianne von still parenting brachte mich auf die Idee, denn sie schrieb kürzlich einen wunderbaren Post über ihr Lieblingsstück 4"33'.

4"33' ist ein Schlüsselwerk zur Neuen Musik von John Cage. Der experimentelle Komponist hat für vier Minuten und 33 Sekunden lang ein Stück "geschrieben", das alles offen lässt, das jedes Mal, wenn es "gespielt" wird, wieder von Neuem entsteht.

Die notenfreie Komposition gliedert sich in drei Sätze:
I
TACET
II
TACET
III
TACET
Der Titel beschreibt die Gesamtdauer der Uraufführung in Minuten und Sekunden, das Werk kann aber beliebig lange dauern.
Es gibt eine beliebige Art und Anzahl, oder auch keine Musikinstrumente. Denn sie spielen nicht, es wird nur gehört. Für vier Minuten und 33 Sekunden steht im Konzertsaal alles still und die Ohren konzentrieren sich nur auf die Geräusche, die man in dieser Stille wahrnehmen kann. Die Geräusche werden im Kopf des Hörers zu Musik, jedes Hirn komponiert anhand der wahrgenommenen Klänge und Rhythmen die Melodie selbst zusammen.

Auch wenn es für viele heute nicht mehr neu ist, war es damals 1952 in der Maverick Conert Hall bei Woodstock ein Skandal. Die Zuhörer waren empört: Was für eine Frechheit, ein Stück anzukündigen und dann nichts zu hören! Sie fühlten sich an der Nase herum geführt. Damit hat John Cage eine große Diskussion über Stille und Geräusche, Komposition und Erwartunghaltung, Kunst und Können etc. ausgelöst, die auf der philosophischen Ebene bis heute andauert. Das Stück gilt inzwischen schon als Art Performance der Musik und wird immer wieder aufgeführt, als Highlight des Programms.


4"33' ist ein Stück, das alle spielen können. Zu jeder Zeit und überall. Alleine oder in der Gruppe, mit oder ohne Instrumente, lange oder nur ganz kurz. Es bietet einen die Gelegenheit, kurz abzuschalten und innezuhalten. Sich zurück zu lehnen und sich ganz den Geräuschen des Moments hinzugeben. Sie nicht als Lärm zu empfinden, sondern als Musik. Mein Alltag ist Kunst. Ist das nicht wunderbar?!!

Jeden Adventssonntag möchte ich mir die Zeit dazu nehmen, mich ganz bewusst der Musik meines Alltags hinzugeben. Genau hin zu hören, was gerade um mich herum passiert. Mein Hier-und-Jetzt aufzusaugen und zu geniessen. Adventsmusik. 

4"33' gespielt eben jetzt, 1. Advent:

I
Kinderstimmen draußen -- Schublade knallt zu - Cosima singt - nackte Füße auf Parkett die schlurfen --- 
II
Schiebetüre gleitet - Thalia lacht -- Christian atmet tief ein - Thalia schnalzt --- Plastiksack knistert --- Calista brabbelt - kichert ---- iPhone piepst -- Christian ruft - Schranktüre geht zu - Mutterstimme von draußen -- Cosima singt -- WC-Deckel geht auf --- 
III
Vorhang wird zur Seite geschoben und klopfen ans Fenster -- Wasser rauscht und plätschert -- schnäuzen -

Ende.

Seid ihr inspiriert? Möchtet ihr auch mitmachen? Gerne! Haltet jeden Adventssonntag kurz inne und spielt das Stück von John Cage. Und wenn ihr es auch mit mir und anderen Lesern teilen möchtet, dann schreibt euer gehörtes Stück auf und schickt mir im Kommentar einen Link. Ich werde eine Linkliste machen mit allen "Komponistinnen". Wäre schön, einige Adventsmusikstücke zu hören!

Und sie sind dabei:

Oona hat bereits musiziert.
Raniso's Adventsmusik.

Wer ist noch dabei?


Ein anderes Thema:
Morgen, am 3. Dezember, ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Ein Gedenktag an die Rechte und Würde der Menschen mit Behinderungen. Dieses Jahr trägt er das Motto: "Kultur ohne Hindernisse - Kultur für alle" Ich möchte Euch zu diesem Anlass einen Musikvideo von Sigur Ros, der isländischen Musikgruppe, zeigen. Ihre Videos sind immer sehr sphärisch, mystisch und wie aus einer anderen Welt. Und inhaltlich oft schwere Kost. Christian und ich haben lange über diesen Video diskutiert, der ganz gemischte Gefühle in uns auslöst. Von Unbehagen bis Faszination. Man taucht ein in eine Welt von anderen Wesen und Naturgeister, eine Welt von Fröhlichkeit und Traurigkeit zugleich, von Schweben und Schwere. Sigur Ros ist diesen Menschen mit viel Respekt begegnet und hat ihre Eigenartigkeit zur Kunst erhoben. Aber er löst in mir auch ein Gefühl aus, aus dem ich mich heraus winden möchte...


Morgen, zum 3. Dezember, werde ich Euch die Geschichte von Nils posten, die seine Mama Marion erzählen wird. Eine Geschichte, die mich sehr berührt hat und gut zur Adventszeit passt. Ich freue mich auf morgen!

xxx iren.

Freitag, 30. November 2012

Oliven ernten















Diese Yuccas haben uns erwartet, als wir mit dem Auto angefahren kamen. Ohh! war unser erster Ausruf - wie schön die blühen! Ganz viele dieser Pflanzen säumten den Weg und standen wie weiße Kerzen. Es ist November und es blüht nicht mehr viel um diese Jahreszeit. Vom Regen sind die Wiesen wieder grün und die Natur hat ein saftiger Anblick. Um diese Zeit hat es an den Aprikosen- und Feigenbäumen keine Früchte mehr, auch der Maulbeerbaum gibt seine tiefroten Beeren im Spätfrühling. Aber die Olivenbäume stehen im Feld, mit reich behangenen Ästen. Wie viele es hat und wie reif sie sind, das ist immer die große Überraschung, wenn wir ankommen. Und nie scheint es perfekt zu sein. Der genau richtige Moment für die Olivenernte wird immer wieder diskutiert. Jedes Jahr ist anderes.

Wir waren zwei Wochen früher als letztes Jahr und bereuten am ersten Tag unseren Entscheid. Im Dorf haben die meisten noch nicht mit ernten begonnen. Ja, es ist eine große Philosophie, zu welchem Zeitpunkt man die Oliven erntet. Dazu gibt es verschiedene Theorien und Vorlieben. Das Öl schmeckt auch sehr unterschiedlich, je nach Zeitpunkt der Ernte. Wenn man noch eher unreife Oliven erntet, dann wird das Öl fruchtiger und "schärfer" zugleich. Je länger man wartet, desto milder wird es, doch dann fallen auch schon wieder viele überreife Oliven auf den Boden und gehen verloren.


Dieses Jahr waren wir anfangs enttäuscht, weil wir jene Bäume zuerst geerntet haben, die noch sehr kleine, grüne Oliven hatten. Da war viel Arbeit und wenig Ertrag. Und die ganz kleinen Oliven, von denen es viele gab, konnten wir mit dem Handrechen kaum abernten, sie schlüpften durch den Zwischenraum. Aber danach kamen noch einige andere Bäume, die grosse, reife Früchte trugen und wir waren glücklich. 

Die Arbeit ist körperlich streng. Wir machten dieses Jahr alles von Hand, mit speziellen Rechen streiften wir die Äste ab, liessen die Oliven auf das Netz fallen, welches rund um dem Baum am Boden lag und sammelten dann das Netz zusammen. Wir teilten uns auf in eine Bodentruppe und in eine, die auf den Leitern die oberen Äste aberntete. Damit waren wir stets ein paar Leute an einem Baum. Und wir hatten Zeit zu reden.



Cosima hat für eine kleine Zwischenmahlzeit gesorgt, an der sich vor allem die anderen Kinder freuten: Brot mit Schokoladenpulver. Weil wir Erwachsenen beschäftigt sind mit arbeiten, genießen die Kinder eine große Freiheit und übernehmen Verantwortung für sich selber.


Calista war immer bei uns und um uns herum. Weil sie sehr genügsam sein kann, war sie die Tage glücklich zu unseren Füssen und spielte mit den Oliven.
Die Großen nahmen sich mehr Spielradius. Es gibt viel Platz, um sich zu vertun und zu verlieren. FREIHEIT ist das grosse Gefühl, das wir alle hier in der Provence haben. 


Zwischendurch halfen die Kinder mit, doch ihre Geduld fürs Ernten war klein. Dennoch erlebten sie, dass es eine körperlich anspruchsvolle Arbeit ist. Sie verstanden nebenbei auch, dass Lebensmittel nicht einfach in der Fabrik entstehen, auch wenn man sie im Lebensmittelladen einfach kaufen kann.


Am dritten Tag wurden wir am späteren Nachmittag fertig und fuhren unsere Ernte in die Mühle unseres Dorfes. Der große Moment war gekommen und wir freuten uns darauf, als ob Weihnachten wäre.



Warten auf das Öl... Vom Waschen zum gepressten Öl dauert es eine gute Stunde. Manchmal gehen wir zwischendurch etwas trinken und stoßen an.


Im Außenbereich werden die Oliven zuerst gewogen und gewaschen.


Im Innenbereich dann mit hoch modernen Maschinen gepresst.



Wir ernteten ein bisschen mehr als 600kg Oliven und bekamen dafür etwa 92 Liter Olivenöl. Das reicht gerade für den Jahresbedarf meiner großen Familie. Wir haben dieses Jahr ein fruchtiges, leicht scharfes Öl bekommen. Und natürlich, wie jedes Jahr, ist es das Beste, das wir je hatten... Wenn der eigene Schweiß daran klebt, dann kommt erst der gute Charakter des Öl heraus. So ist es.

Es grüßt Euch herzlich,
iren x.

Wer über die letztjährige Ernte lesen möchte: Olivenernte