Sonntag, 29. Januar 2012

"behindert"

Ich sehe noch keine Be-Hinderung, wirklich nicht. ... Sie ist auf eine schöne Art und Weise anders, aber in nichts be-hindert.

Diese Worte schrieb ich kürzlich im Post heute wird Calista zwei Jahre alt. Vielleicht haben die einen oder anderen kurz gestockt beim Lesen und gedacht, dass ich als betroffene Mutter nicht genau hinschauen will, nicht wahrhaben will, was Sache ist. Gerne möchte ich meine Gedanken und Gefühle dazu ausführlicher niederschreiben. Denn ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich seit der Geburt von Calista sensibel geworden bin auf dieses Wort "behindert". 


Calista gilt offiziell als behindert, seit dem Moment an, als man bei ihr die Trisomie 21 festgestellt hat. Da liegt so ein kleines süßes Baby, unschuldig, unberührt und verletzlich, das gerade eben zur Welt kam. Ein Baby voller Lebenswille, Lebensdrang und Neugier  - und päng! - bekommt es von einer Minute auf die andere diesen Stempel aufgedrückt. Wie ein Brandzeichen bei Tieren. Mir hat's das Herz abgedrückt. Was ist an diesem kleinen Babylein behindert? Da ist noch keine Behinderung, da ist erstmal ein kleines Baby mit dem Bedürfnis, gehalten, getragen, geliebt, genährt und gewärmt zu werden. Vielleicht sind da noch medizinische Probleme (Calista hatte einen Herzfehler), so wie andere Kinder das auch haben können. Trisomie 21 bedeutet eine Verdreifachung anstatt Verdoppelung auf dem 21. Chromosomen, was dann 47 und nicht üblicherweise 46 Chromosomen ergibt. Aber viel mehr ist da anfangs noch nicht. Noch sind sie einfach Baby, einfach Kleinkind. Ein bisschen anders, ein bisschen entwicklungsverzögerter, aber süße Babies, süße Kleinkinder. Sie behindern niemanden, sie fühlen sich selbst auch nicht behindert. 




Calista ist mit ihren zwei Jahren in gewissen Dingen wie Sprache, Wachstum (ein bisschen) und gewissen Fertigkeiten  entwicklungsverzögert, aber nicht be-hindert. Nein, nichts hindert sie die Welt zu erkunden und die Fähigkeiten zu erlernen, die sie dazu braucht.

Ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität und weiß genau, welche Diagnose Calista bekommen hat und was das alles bedeutet und noch bedeuten kann. Ich weiß, dass eine Schere aufgehen wird, dass der Unterschied mit fortschreitendem Alter immer sichtbarer wird. Aber wie stark sie sich öffnet, die Schere, dass ist sehr unterschiedlich und hängt von ganz verschiedenen Faktoren ab, nicht zuletzt auch von der Umwelt. 

Jedes Kind ist anders, auch bei Down Syndrom. Hinter jedem dieser Menschen steht eine eigene Persönlichkeit. Calista hat vor allem unsere Gene, sie ist aus unserem Fleisch und Blut und gleicht ihren Schwestern. In erster Linie hat sie ihren Charakter, erst dann das Down Syndrom. Ich wehre mich, Calista deswegen pauschal in die Schablone "behindert" zu drücken. 


Wenn ich sage, dass ich bei Calista noch keine Behinderung sehe, drücke ich damit meine Haltung aus, dass ich nichts vorweg nehmen will. Ich weiss nicht wie Calista sich entwickeln wird, wo ihre Stärken und Schwächen sind, wo sie an ihre Grenzen stoßen wird. Deshalb will ich  alles offen lassen. The sky is the limit. Ich will möglichst vorbehaltlos Calista sehen und sie soll mir zeigen, welcher Mensch sie ist. Ich will nicht in den themenspezifischen Büchern und Artikeln lesen, wie Calista sich entwickeln wird, wie ihr Leben später möglicherweise aussieht. Da kriegt man automatisch eine Defizit-Brille mit grauen Gläsern aufgesetzt und mit dieser betrachtet man dann sein eigenes Kind, welches bei der Geburt dieses Brandzeichen "behindert" aufgedrückt bekam.

Seit bald einem Jahr kann ich Calista täglich mehrmals aufs WC setzen (nachzulesen bei "sauber werden") und sie kann ganz bewusst Pipi machen. Das hätte ich in keinem Buch über Down Syndrom nachlesen können. Nein, dort heißt es nur, dass sie sehr spät trocken werden. Muss nicht sein.  Jedes Kind ist anders und man soll jedem Kind von Anfang an die gleichen Chancen geben.


Weil Calista grobmotorisch gut unterwegs ist, gehe ich seit zwei Wochen mit ihr in einen Akrobatikkurs für Kleinkinder. Die Kursleiterin ist voller Fantasie und Ideen und führt die Kinder auf spielerische Art an akrobatische Fertigkeiten heran. Calista macht voller Freude ungehindert mit, fügt sie sozial gut ein und hat großen Spaß. Sie ist von ihrem Wesen her anders als die anderen, fröhlicher, aufgestellter und manchmal scheint sie etwas verträumter, doch sie ist in keiner Weise "behindert".


Nein, ich will nichts vorwegnehmen. Ich will kein Brandzeichen auf Calista sehen. 

The sky is the limit. Mit beiden Beinen auf dem Boden, strecke ich meine Kopf zu den Sternen. Ich schaue hinauf in den Himmel, in das unendliche, tiefe Blau, und warte, was kommt. Calista wird uns führen, sie wird uns lehren und wir unterstützen sie dabei, so, wie wir es vermögen.



Iren, x.

PS: Letztes Jahr, während den Kinderzirkus-Aufführungen, machte in einer Gruppe ein Junge mit Down Syndrom ganz toll mit. Cosima sass unter den Zuschauern neben einem älteren Nachbarsjunge. Dieser beugte sich zu Cosima und meinte: Schau mal, der da ist behindert. Und Cosima flüsterte zurück: Nein, er hat Trisomie.

Donnerstag, 19. Januar 2012

Donnerwetter und Friedenskerze

Heute gab's für Calista das erste "Donnerwetter"... Ja, ich habe sie kurz angeschrien. Nicht aus Bosheit, sondern aus Überraschung und Überforderung.

Calista hat eine anspruchsvolle Phase. Ich kann mich tagsüber kaum ein paar Minuten am Stück auf eine Sache konzentrieren. Sie schiebt stets Stühle und kleine Tischchen rum, damit sie ihre hoch gesteckten Ziele erreicht, dann klettert sie von dort gerne noch auf irgendeinen Tisch, steht auf Zehenspitzen und schmeißt alles, was sie in die Hände bekommt, runter. Dabei reißt sie die Augen auf, formt ihre Lippen rund und ruft ganz erstaunt "Oohhh!" Diese Szene haben wir jeden Tag mehrmals, schon seit ein paar Monaten. Wir haben alles Zerbrechliche weg, meistens schon kaputt geschlagen, ein paar Dinge konnten wir noch retten. Stifte werden genommen und alles angemalt, alles. Ich liebe ihren Entdecker- und Forscherdrang, doch es braucht manchmal starke Nerven.

Manchmal wünschte ich mir ein Laufgitter.

Heute morgen wollte ich duschen. Cosima war bereits in der Schule, Christian ging mit Thalia auch schon aus dem Haus und ich war mit Calista alleine. Ich nahm sie zu mir ins Badezimmer, damit ich sie im Blickfeld hatte und schloss routinemäßig den WC-Deckel, damit sie nicht wieder die Hände darin badet um sie dann abzulecken.

Wie ich versonnen den warmen Strahl auf meinen Nacken fließen ließ, sah ich durch die Duschkabine plötzlich Calista auf dem geschlossenen WC-Deckel stehen und mit ausgestrecktem Arm eine kleine, weiße Glasvase in der Hand halten. Mist, die haben wir vergessen weg zu räumen, weil sie hinter den Flaschen von Duschseife und Körperlotions versteckt war. Aufgeschreckt schob ich die Duschtüre zur Seite und wollte ihr rasch die Vase aus der Hand nehmen - schon kam sie mir zuvor und ließ sie mit einer bestimmten Armbewegung nach hinten auf den harten Steinboden fallen. Mit dem Ton des zerspringenden Glases im Ohr schrie ich laut und eindrücklich - CALISTA, NEIN!!! NEIN - NEIN - NEIN - DAS DARFST DU NICHT MACHEN!! Sie schaute mich mit grossen Augen an und ich starrte auf den Boden vor mir, der nun übersät war mit hunderten kleinen und großen Scherben. Noch in der Dusche, hinter mir das prasselnde Wasser, stand ich da, in Evas Kleid, nass und gerade eingeseift. Calista neben mir auf dem WC-Deckel. Ich schaute sie an und es tat mir in der nächsten Sekunde leid, dass ich sie so angeschrien hab. Aber wie schaffe ich es nun am Besten, Calista rasch in Sicherheit zu bringen, die Seife abzuwaschen, mich zu trocknen und irgendwie barfuß aus dem Badezimmer zu kommen? Wie gehe ich nun vor? Klingt jetzt banal, aber so früh morgens, unausgeschlafen aus dem Duschdelirium gerissen zu werden mit dieser Situation hat mich kurz an den Anschlag gebracht. Calista hat aber ziemlich ruhig reagiert, als wäre nicht sie die gewesen, die da gerade ein Scherbenmeer vor meinen nackten Füßen verursacht hat. Ich verliess mit den Füssen nicht meine Position und fischte mit vorgebeugtem Oberkörper nach dem dicken Badezimmerteppich, der auch seine Ladung ab bekam, kehrte ihn um und stand so auf die Scherben. Damit konnte ich mich und Calista aus dem Badezimmer bringen. Ich steckte Calista in ihr Kinderbett, wo sie nicht raus kann und ging zurück. Da hörte aus dem Zimmer ich die Spieluhrmelodie "Love me tender" erklingen und Calista, die erst jetzt anfing zu weinen. Sie weinte immer mehr, immer stärker. Die ganze Zeit, während ich mich rasch ankleidete, die dicken Scherben einsammelte und mit dem Staubsauger die feinen einsaugte. Es tat mir soo leid, sie weinend alleine zu lassen, nach meinem kurzen und heftigen Schreianfall. Und ich fragte mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ich sie von Anfang an in ihr Bettchen gesteckt hätte. Dann hätte ich ohne Zwischenfall duschen können.

Ich hob sie dann "love me tender"-lich behutsam aus ihrem Bettchen, putzte ihre Nase und trocknete ihre tränenüberströmten Backen. Drückte sie an mein Herz, küsste sie und ging mit ihr in die Küche, um zu frühstücken.

Um eine friedliche Stimmung zu erzeugen, zündete ich die Kerze auf dem Küchentisch wieder an, die wir am Vorabend gemacht haben. Eine Mandarinen-Kerze, die ich Euch unbedingt zeigen muss, weil sie so einfach, natürlich und schön ist. Ich bin total fasziniert davon und habe es heute noch mit Orangen ausprobiert, die noch Stil und Blätter hatten. Auch da klappte es. Man muss nur den Docht gut im Olivenöl baden und dann genug lange und geduldig das Zündholz hinhalten. Er brennt nicht so rasch wie ein sonstiger Kerzendocht.

Hier, bei "honestly wtf. Schaut mal und probiert es aus, es ist ein tolles Erlebnis und braucht fast nichts dazu. Wichtig ist nur, Mandarinen oder Orangen mit Stil und Blätter zu verwenden. Weiß nicht genau warum, aber nur die hinterlassen beim behutsamen Herauslösen der Frucht diesen "Docht". 

Bild von Honestly wtf



Bei diesem Regenwetter ist solch ein warmes Licht, das leicht süßlich nach Mandarinen riecht, ein toller Stimmungsaufheller!


Wünsche Euch einen harmlosen Freitag, der Euch stressfrei ins Wochenende rübergehen lässt.


Best,
iren x.

Sonntag, 15. Januar 2012

Calista's Geburtstag

Calista's Beinchen ruhen auf Mama's
LOVE ME TENDER (Elvis Presley)
Love me tender, love me sweet, never let me go.
You have made my life complete and I love you so.
Love me tender, love me true, all my dreams fulfill.
For, my darlin', I love you and I always will.
Love me tender, love me long, take me to your heart.
For it's there that I belong and we'll never part.
Love me tender, love me true, all my dreams fulfill.
For, my darlin', I love you and I always will.
Love me tender, love me dear, tell me you are mine.
I'll be yours through all the years till the end of time.
Love me tender, love me true, all my dreams fulfill.
For, my darlin', I love you and I always will.



Diese Worte berühren heute mein Herz.


Thalia durfte ihrer kleinen Schwester zum Geburtstag eine Krokodil-Spieluhr mit dieser Melodie schenken. Auch wenn Calista schon eine Spieluhr besitzt, war ich vor ein paar  Tagen hin und weg, als ich in meinem Lieblings-Kinderladen Lottiswelt stand und dieses Krokodil in den Händen hielt. Ich war mit meinem Einkauf schon fertig und schob den Kinderwagen Richtung Tür, als mich dieses kleine, grüne Ding mit seiner Ausstrahlung wieder zurück lockte. (Habe ich nicht schon mal gesagt, dass ich visuell verführbar bin?) Und als ich am Schnürchen zog, dann noch das: Love me tender, love me sweet... Was für ein schönes Lied für ins Bett! Für Calista.




Thalia durfte es, als ihr Geschenk für Calista, einpacken. Dabei war sie zwischendurch ein bisschen verzweifelt, weil das Krokodil weich und unförmig und nicht so einfach zum ins Geschenkpapier wickeln war. Ich musste ihr dabei helfen. Und beim Einpacken dachte Thalia über Calista nach und sagte: Mami, gell, auch wenn Calista zwei wird, ist sie noch klein. Das ist weil sie Trisomie hat. Aber ich finde gut, dass sie Trisomie hat, dann bleibt sie länger klein und ich finde sie soooo meeeggaaa süß! (Mutterherz wird noch größer und noch wärmer und ist ganz verliebt in Thalia.)

Ich liieeebe Dich! sind Worte, die Thalia öfters zu Calista sagt. Oder zu mir: Ich liiieeebe Calista!

Wir haben sie also gefeiert, früh morgens, bevor Cosima zur Schule musste (Christian war leider schon weg, auf dem Flieger). In dieser kurzen Zeit lernte Calista WOW! sagen und Geschenke auspacken. Sie sog die ganze Stimmung in sich auf und spürte ganz genau, dass dies alles ihr galt. Sie hatte Geburtstag! Und wir feierten sie. Wir sangen alle sprachlichen Varianten von Happy Birthday, ließen sie immer wieder die Finger zeigen, um zu erfahren wie alt sie wird (sie streckt ihre Hand und zeigt irgendwie ein paar Finger, ganz bemüht und voller Freude) und wir klatschten dabei voller Begeisterung in die Hände. 





Für den Kindergeburtstag - ich habe drei kleine Nachbarsmädchen eingeladen - ließ ich mich vom Tier-Thema inspirieren. Tiere findet Calista sehr spannend und sie kennt schon ein paar. 
Mir hilft es, mich von einem Thema leiten zu lassen, es kommen mir dann mehr Ideen. Aber weil es meistens in letzter Sekunde passiert, dass ich in Fahrt komme, kann ich dann nicht alles so umsetzen, wie ich es spontan möchte. Für Thalia's Geburtsag im Sommer habe ich das Thema schon gefunden und nun hoffe ich, dass mir nun genügend Zeit bleibt, für eine volle Umsetzung meiner Ideen. Mal schauen. Als nächstes ist Cosima dran und da studiere ich noch am Thema herum... Kindergeburtstage! Mal will seinem Kind an diesem Tag eine spezielle Freude bereiten, nicht?

Der zweite Geburtstag ist noch ohne Erwartungen des Kindes und ich fühlte mich ziemlich frei, ihn vorzubereiten. Spiele plante ich keine und auch sonst keine Unterhaltungsprogramme. Die kleinen Gäste fanden genug Interesse an unseren Spielsachen und Calista hat noch keine "ichwillnichtteilen"-Phase, zum Glück!


Bärenkuchen - Bärenservietten. Weil ich keine passenden im Laden fand, machte ich mit Kartoffelstempel selbst welche.

Hier war Cosima die Fotografin. Schade ist das Bild nicht scharf, den Bildausschnitt finde ich gut!

Simone, Calista's Patin und meine Schwester, probiert mit ihr Kerzenausblasen


Beule verbrachte den halben Nachmittag unter dem Esstisch - Es war paradiesisch für ihn, was da alles runter fiel...

Am Abend, als Papa wieder zurück war, gabs für ihn noch ein Stück Kuchen und Cosima holte zwei Wunderkerzen aus dem Schrank. Er nahm Calista auf den Schoss, knuddelte sie und wir sangen noch einmal alle zusammen HAPPY BIRTHDAY, LIEBE CALISTA! 


Wir liiieeeben Dich!



Und wenn ich jetzt ins Bett gehe, ziehe ich nochmals die Krokodil-Spieluhr auf und lausche der Melodie.

Gute Nacht!
iren x.


Freitag, 13. Januar 2012

Heute wird Calista zwei Jahre alt!

Vor ein paar Wochen meinte Cosima, dass wir alle dunkle Augen haben, nur Calista nicht (sie hat olivgrüne). Und fügte an, dass wir alle braune Haare haben, nur Calista nicht. Und schloss ihren Gedankengang mit den Worten: Calista ist anders, sie ist halt eine Prinzessin.

U n d  sie hat heute Geburtstag, unsere kleinste Prinzessin!



Heute vor zwei Jahren durfte ich Calista Attiya, unserem "schönsten Geschenk des Himmels" das Leben schenken. Wie es war, das könnt ihr "hier" nachlesen, für jene, die es nicht schon gemacht haben ;-). Ich werde mich am Abend, wenn es ruhiger geworden ist, nochmals ganz in Ruhe hinsetzen und meine eigenen Worte zur Geburt nochmals lesen und meine Bilder und Gefühle wieder hochkommen lassen. Es ist immer eine sehr spezielle Zeit. Und ich bin immer und immer wieder sooo dankbar, dass die ersten Stunden ganz normal verliefen. Dass ich im siebten Himmel sein durfte, dass ich nach der Heimgeburt mich mit Calista in mein eigenes Bett legen, dass ich sie stillen und genüsslich an ihr riechen konnte. Dass die Familie da war, Geschwister und Eltern, liebe Nachbarn und Freunde und alles einfach so war, wie es sein sollte. Dieses Erlebte half mir sehr, die Zeit danach gut zu meistern. Es war mein kleines Juwel in meinem Herzen, das immer leuchtete.


Calista macht das Zeichen für "Gern-haben".


Seit zwei Jahren ist Calista bei uns, seit zwei Jahren beglückt sie uns mit ihrem Dasein. Ich kann es nicht anders formulieren, ihre Anwesenheit, ihre Ausstrahlung macht uns glücklich. Was niemand auf seiner Wunschliste ankreuzen würde, ist für mich heute einen Lottogewinn! Ich geniesse es jeden Tag und jede Nacht immer wieder von neuem, sie in meinen Armen halten zu dürfen. Calista fühlt sich sehr weich, sanft und anmutig an. Ihre Backen sind süss, zuckersüss. So weich und zart, seidig fein. Es macht mich fast süchtig, sie zu küssen. Und wenn man sie auf dem Schoss hat, dann fügt sie sich so ganz entspannt in die angebotene Körperform hinein. Sie sitzt da, ruhig aber mit voller Präsenz. Ganz im Hier und Jetzt.

Dabei geht eine Ausstrahlung von ihr aus, die ich mit rosa Wolke zu beschreiben versuche. Weich und bedingungslos liebend. Und wenn ich das so schreibe, dann denke ich: Nein, sie ist auch äusserst schalkhaft, humorvoll, manchmal ungeduldig und sehr eigenwillig. Aber das paart sich immer mit der Liebe und der Anmut, die als konstanten Unterton zu ihr gehören.

Ein Mündchen, dass ihre Mund-Physiotherapeutin Frau Kaul entzücken würde...

Während das erste Jahr vor allem im Zeichen ihrer Gesund-Werdung stand, mit viel Anspannung und Bangen, so haben wir nun im zweiten Jahr diesbezüglich komplett zur Ruhe kommen können. Im zweiten Lebensjahr hat Calista viele Fortschritte gemacht in ihrer Entwicklung und wir freuen uns immer wahnsinnig, wenn eine neue Fähigkeit erobert wurde. Gestern morgen z.B. hat sie das erste Mal mit dem Kopf genickt, als Ja-Geste. Ich strahlte sie vor Freude riesig an und sie gleichermassen zurück. Heute sagte sie schon mehrmals WOW!, animiert von ihren Schwestern, als sie all die Kerzen und Geschenke sah. Mit Down-Kindern muss man ein bisschen geduldiger sein, doch das Glücksgefühl, wenn etwas erreicht wurde, ist dafür umso tiefer und grösser!





Calista ist nun zwei und kann schon vieles, was ihre anderen Weggenossen auch können. Ich sehe noch keine Be-Hinderung, wirklich nicht. (Das wir auf intellektueller Ebene sicher noch kommen, aber ich will nichts vorweg nehmen.) Sie ist auf eine schöne Art und Weise anders, aber in nichts be-hindert. Ja, sie ist sprachlich noch nicht so weit entwickelt, sie spricht etwa sechs kleine Wörtchen und kennt noch etwa gleich viel Wort-Gesten. Das Sprechen wird wahrscheinlich ihr grosser "Programmpunkt" im kommenden Jahr werden, jetzt wo sie das laufen und klettern so gut gelernt hat. Doch ich kann hier mal sagen, dass mein älterer Bruder in diesem Alter viel weniger gesprochen hat als Calista, nämlich nur ein undefiniertes Wort. Also ist das auch keine Behinderung, sondern nur eine Verzögerung. Die Kommunikation ist bei Calista aber mit allen Hilfsmitteln und voller Freude und Erzähldrang gestartet und es ist immer wieder ein schönes Erlebnis, mit ihr zu "schwatzen". Viel macht sie mit Mimik und Augenausdruck wett, was sie noch nicht in Worte fassen kann. Es ist manchmal zum Dahinschmelzen.




Entschuldigt meinen abrupten Abgang, ich muss nun dringend schnell raus mit den Kindern und Beule, unserem Leihhund. Danach kommt unsere kleine Schar Geburtstagsgäste, denn wir wollen Kuchen essen und Gläser klingen lassen. 

Auf das Leben! Voll und reich, wie es daher kommt, jeden Tag!

Seid alle herzlich gegrüsst,
iren

PS: Wenn ich vor Müdigkeit nicht gleich mit den Kindern ins Bett falle, dann melde ich mich heute Abend wieder und erzähle von heute und zeige Bilder. Ansonsten morgen. Oder übermorgen...

Dienstag, 10. Januar 2012

"Mir kommen fast die Tränen"

Gestern beim Einkaufen, wir waren bereits an der Kasse und Calista versuchte, aus dem Wagen heraus auf das Förderband zu greifen, da guckte die ältere Dame hinter mir mit zartem Blick Calista zu, wandte sich dann an mich und sagte: Mir kommen fast die Tränen, wenn ich diese herzigen Kinderhändchen sehe...

Ich lächelte sie warm an und war sehr berührt. Ich war unsicher, was ich passendes antworten soll, denn ich wusste nicht genau, welche inneren Bilder Calista in ihr ausgelöst hat und ihr diese Emotionen hervor riefen. Und so meinte ich nur zustimmend: Ja, so Kinder-Patsch-Händchen sind sehr süss.



Vor etwa zwei Wochen, während unseres Weihnachtsbubbles, habe ich Calista's Hände fotografiert. Ich bin fasziniert von Kinderhänden. Oft gucke ich meinen Kindern nur auf die Hände. Sie haben noch eine ganz andere Art, die Dinge zu greifen. Man sieht und spürt, dass ihren Tastsinn noch sehr frisch und jung ist, und ahnt dabei, wie viele Informationen und Lebensfreude sie über ihre Hände bekommen. Sehr viel Sinnlichkeit kommt dabei zum Ausdruck. Ein richtiges Glücksgefühl löst es in mir aus, wenn ich zuschaue, wie kleine Kinder nach etwas Essbarem greifen und es sich in den Mund schieben. Da ist oft so viel Vorsicht, Wonne und Genuss im Spiel, dass ich mich kaum satt sehen kann bei dieser Geste.





Auch freue ich mich immer, wenn ich Cosima's Zeigefinger verfolge, der beim Lesen mit über die Zeilen wandert und ihr hilft, die Buchstaben zu einem Wort aufzureihen. Diese jungen Hände, schon viel erfasst und noch viel zu be-greifen.


***

Heute waren wir mit meiner Schwägerin Sabine und der Cousine Elfie Schlittschuhlaufen. Ein kleines Familientreffen also. Und ich habe den Bildern heute Abend einen Hauch Nostalgie verpasst, als ob es alte, vergilbte Fotos aus einem Familienalbum wären. So, als ob unsere Urenkelkinder sie anschauen würden und sagen: Schau mal, meine Oma, da war sie noch klein! Und die Oma Cosima, oder Thalia oder Elfie sitzt mit ruhenden, runzligen Händen daneben, nickt zustimmend und verdrückt sich beim Erinnern an die alten Tag ein kleines, zartes Tränchen. Kaum sichtbar.













 

 











Sonntag, 8. Januar 2012

Wie im Teletubbie-Land

Wir waren ein Woche in Engelberg zum Skifahren. Wir haben uns gefreut auf tolle Schneetage in den Bergen. Auf Sonne im Gesicht, Pulverschnee, stramme Schneemänner, nächtliche Schlittelpartien, Gerstensupppe und was sonst so ein Bergwinter alles mit sich bringt. Aber es kommt ja immer anders, als man denkt. 

Unser Engelberger-Stubenbild: Berg vorne stellt auch ein Berggeist dar, seht ihr es? (Mit Phantasie sieht man oben den Kopf, dann breite Schultern, Arme links u rechts anliegend...)

Es regnete. Die Kinder waren in der Skischule und es regnete ihnen auf den Helm. Ich fuhr mit Calista die 3km lange Schlittelpiste hinunter und alles war im Schneewasserpflotsch aufgeweicht. Ich musste die meiste Strecke hinunter laufen, im Regen. Der zweite Tag war ein bisschen freundlicher, aber der dritte brachte bereits wieder neues Wasser. Es war echt deprimierend. So haben wir uns das nicht vorgestellt. So haben wir das noch nie erlebt, im Januar. Aber die Kinder gingen eisern in die Skischule, ihnen machte es nicht viel aus. Stoisch schlossen sie morgens die Schnallen ihrer Skischuhe, zogen sich den Helm an, packten ihre Skiern und marschierten los.

In der Nacht auf Donnerstag wurden die Regentropfen von Schneeflocken abgelöst. Endlich! 

Und als wir am nächsten Tag draußen Schnee schaufelten und ich Thalia eine kleine Schlittelbahn hinter dem Haus baute, jubelt sie vor Freude. Sie stapfte in den Garten und versank mit viel Vergnügen in den Tiefschnee. Schau mal Mama, ich sinke bis zu den Knien ein! Ich lachte sie an und baute am Schneesessel weiter, den ich für Calista plante. Endlich Winter, endlich Schnee. Und dann höre ich Thalia rufen: Mami, das ist wie im Teletubbie-Land! Ich musste wieder lachen. Wie im Teletubbie-Land! Wie im Teletubbie-Land... Was für eine Assoziation... Soll ich mich darüber freuen? Soll ich mich darüber sorgen? Meine Tochter erlebt ihre Welt nach Teletubbies Vorbild... Ich entschied mich, ein bisschen zu entspannen. Schließlich war ich es ja, die ihnen vor Weihnachten den DVD "Teletubbies and the Snow" in den Player schob, weil ich etwas in Ruhe erledigen musste und gleichzeitig wollte ich, dass sie vor Weihnachten ein bisschen ein Gefühl oder Ahnung von Winter bekommen. Hätte ich etwas von Astrid Lindgren abgespielt, dann wäre bestimmt ein anderer Spruch gekommen. Aber nun haben wir Teletubbies. Ja, wir haben selbst ein Teletubbie! Ist sie es nicht?! Sogar wildfremde Leute haben mich darauf angesprochen und Calista ganz entzückt angeschaut. Unser kleines Teletubbie. Und ich kann Euch verraten, wenn sie in ihrem roten Anzug aufsteht, den Rücken zu uns dreht und wegläuft, dann ist sie noch mehr Teletubbie als sie von vorne ist. Ihr voller, runder Windelpopo, ihr kurzbeiniger Wackelschritt ... dann fehlt nur noch:

"Eh-ohhh!"


(Stimme höher, in niedlichem Ton): "Teletubbie loves snooow...!"



Die folgenden Tage waren stürmisch und es schneite konstant. Auch wenn die Sonne nicht zum Vorschein kam, waren wir glücklich, dass der Winter wieder voller Kraft zurück war. Glück ist relativ, nicht? Wir sind bescheiden geworden, wir brauchen keine Sonne, wir wollen nur kein Regen. Nicht jetzt, nicht im Januar in den Bergen.

Am Freitagabend wanderten wir ans Ende der Welt. Wir nahmen Schlitten mit und gingen los, in die Dunkelheit. Der Wald war wie ein großer, dunkler Schatten links und rechts vom Weg und es war unheimlich still, die Schneeflocken schluckten alle Geräusche. Die Berge rundherum konnte man nur erahnen, man spürte aber ihre Präsenz. Ruhig, stark und standhaft. Den Kindern war es etwas unwohl, doch wir nahmen sie an die Hand und versprachen ihnen ein feines Abendessen.

Am Ende der Welt gibt es ein Bergrestaurant, dort warteten die Wirtsleute auf uns. Etwas durchhalten, dann sahen wir die verheißungsvollen Lichtern und die Schritte der Kinder wurden wieder schneller und leichter.

Am Ende der Welt hört die Welt auf. Die Menschenwelt. Da gibt es nur noch eine große, steile Felswand. Gemsböcke und Murmeltiere, Bergadler und Schneehasen. Für die Menschen hört es da auf. Aber es gibt eine urchige Wirtsstube und dort kehrten wir ein und stärkten uns. 




Und sausten später auf den Schlitten alles wieder hinunter ins Dorf, was wir vorher hoch gegangen sind. Jauchzend, versteht sich.


Jauchzend waren die Mädchen auch, als sie von ihren Cousinen Besuch bekamen. Schaut Euch die Bilder mal an, wie sich die Mädchen begrüßten. Dieser "Begrüssungstanz" dauerte etwa zehn Minuten. Da braucht es keine Worte mehr, oder?




Salomé liebt Calista (und Calista liebt Salomé). Sie ist sehr sanft und aufmerksam zu ihr und freut sich, wenn sie sich ein bisschen um sie kümmern darf. Und ich freue mich zu sehen, wie sie meine Kleine im Arm hält. Ich habe immer noch sehr lebhaft das innere Bild vor Augen, wie ich vor Jahren Salomé als kleines Baby in den Armen hielt und mich dabei im Spiegel anschaute und überlegte, wie es sich an fühlte, wenn ich Mutter wäre...

(Stimme höher, in niedlichem Ton):"Teletubbie - big hug!"


Am Abend begaben sich die Kinder in den Schnee. Sie machten nichts, außer sich im Schnee zu tummeln und die Winternacht zu genießen, alleine draußen zu sein, ohne Eltern. Ich konnte es aber nicht lassen und musste ein paar Bilder knipsen. Ich mag diese gespenstischen Bilder, wie Schneegeister oder Berg-Trolle in der Nacht wirken sie.






Die drei Könige haben wir auch gefeiert, dreimal mit Kuchen, damit alle drei Kinder Königin werden konnten.  



Heute morgen fragte mich Cosima, ob sie nochmals los gehen darf, um einen Königskuchen zu kaufen. Ich meinte entschieden nein, weil die drei Könige nun vorbei sind. Für mich sind die drei Könige am 6. Januar, nicht früher und nicht später. Cosima entgegnete schlau, dass der vierte König aber zu spät gekommen sei und darum dürfe auch heute noch einen Königskuchen gegessen werden. Damit hatte sie mich und ich drückte ihr Geld in die Hand und schickte sie los.

Kennt ihr die Legende vom vierten König? Der wegen seiner Hilfsbereitschaft zu spät zur Krippe kam? Ich liebe sie! Man findet Kurzfassungen davon auf Internet, sie sind sehr knapp gehalten. Auf Amazon kann man ein schmales Büchlein von Edzard Schaper über den vierten König kaufen. Da ist die Legende sehr schön ausgeführt und philosophisch geschrieben, sehr berührend auch. Für mich ein kleiner Schatz. Hier "clicken" für neugierige Leser. 

Es gibt auch einen mega süßen Film (und Buch auf Amazon) für Kinder zum vierten König, schaut mal "da". Den kann ich w-ä-r-m-s-t-e-n-s empfehlen! Ich weiß aber nicht, ob es ihn im Handel noch gibt. Aber wenn ich schon dabei bin, muss ich noch flüstern, dass ich restlos alle Ted Sieger Filme super finde. Ich l-i-i-e-e-b-b-e-e sie. Wollt ihr eine Kostprobe? Voilà: 


Ich verabschiede mich für jetzt, es ist wieder einmal spät geworden...

Es grüßt Euch Iren, die noch sagen wollte, dass es heute wieder regnete in Engelberg, und die dank dem vierten König auch noch Königin werden durfte (aber niemand hat mich fotografiert). ;-)

(Stimme höher, in niedlichem Ton):"Teletubbie bye bye!"