Alles fing an mit einem Sommerkleidchen, dass ich vor sechs Jahren für Cosima auf Ebay kaufte. Ein weißes Kleid mit eiscremefarbigen Punkten. Cosima trug es gerne. Thalia aber, als sie in das Kleidchen hineingewachsen ist, liebte es innig und heiß. Sie entdeckte, dass man damit toll drehen kann. Es wurde ihr absolutes Lieblingskleid, das sie immer anziehen wollte. Jetzt schon den dritten Sommer. Und bereits zwei Winter. Es ist inzwischen abgeschossen, mit bleibenden Flecken die auch schon wieder etwas verwaschen sind, abgewetzten Stellen und zerrissenem Knopfloch. Zudem ist es ihr langsam etwas eng. Dieses Kleid kommt weg, du hast ja genug andere, wunderschöne Kleider, finde ich. Aber Thalia bettelte immer wieder, das Kleidchen noch behalten zu dürfen. Sie lieeeebe es.
So wagte mein mitfühlendes Mutterherz den Gedanken, Thalia im selben Schnitt ein größeres Kleid nachzunähen. Es zumindest zu versuchen. Kissen nähen, das kann ich, einen Reissverschluss habe ich auch schon eingenäht und das Schnittmuster nehme ich direkt vom Kleid ab, mit entsprechenden Vergrösserungen und Verlängerungen. Ich wusste, Thalia schaut nicht auf gerade Nähte und sonstige nähtechnische Perfektionen. Sie will nur mit ihrem Kleidchen im Kreis drehen können, drehen, drehen und noch mehr drehen. Bis sie hin fällt. Das macht sie glücklich.
Sie durfte sich einen Stoff aussuchen und ich versprach ihr, bis zu ihrem Geburtstag ein neues Kleidchen fertig zu haben. Ein Geburtstagskleidchen.
Sie suchte sich einen weißen Stoff mit blauem Punkten aus.
Cosima wünschte sich daraufhin auch so ein Kleid und sie fügte schüchtern an: Weißt du Mama, als ich das andere Kleidchen damals trug, merkte ich nicht, dass es so schön drehen kann. Ich hätte aber auch gerne so ein Kleid zum Drehen. Im genau gleichen Stoff wie Thalia.
Da mir das erste Kleid mehr oder weniger gut gelungen war (über Details sehen wir hinweg, da man darin toll drehen kann), schaffte ich auch für Cosima ein Schwesternkleid fertig. Und aus den Stoffresten entstand noch ein einfaches Kleidchen für Calista. Ich surfte sozusagen auf der Welle meines Näherfolges.
Wie ich mein Werk stolz anschaute und meine Mädchen so zusammen in diesen blau gepunkteten Kleidchen anblickte, kam mir das Sams aus unserem Lieblingshörspiel in den Sinn. Das Fabelwesen mit seinen blauen Wunschpunkten im Gesicht. Und ich rief: So, liebe Mädchen, ich habe euch "samsische" Kleider mit blauen Wunschpunkten genäht, jetzt darf ich mir von Euch immer wieder Dinge wünschen, ja? Jeder Punkt einen Wunsch für mich! Sie lachten und fanden die Idee gut, sie waren motiviert, schneller ins Bett zu gehen oder die Zähne sofort zu putzen wenn ich sagte: Ich wünsche mir, dass Du nun die Zähne putzst. Ich wünsche mir, dass Du jetzt ins Bett gehst. Nur bei Calista funktionierte es nicht...
Der Wunschpunktegedanke habe ich nun ausgebaut. Für die Ferien habe ich laminierte Wunschkärtchen angefertigt mit kleinen Anforderungen an die Kinder: Morgens Zähne putzen und Bett machen. Etwas im Haushalt mithelfen wie Staubsaugen, Wäsche aufhängen oder Küchenboden aufnehmen. Dann auch lesen, Geige spielen, Tageszeichnung malen oder drei Sätze ins Feriennotizheft schreiben. Jedes Kind bekommt morgens ein paar Zettelchen in ein altes Marmeladeglas auf den Frühstückstisch gestellt. Zähne putzen und Bett machen sind immer dabei, dann gibt es etwas kleines im Haushalt mithelfen und etwas für den Geist, wie ein bisschen lesen, schreiben oder rechnen. Wenn sie bis am Abend alles erledigt haben und die Zettelchen wieder zurück in die Box gesteckt haben, dann gibt es ein Kreuzchen auf einer entsprechenden Tabelle. Wenn sie eine Woche lang alles erfüllt haben, gibt es eine Belohnung.
Das klingt vielleicht alles sehr anstrengend und nach Schullager, doch der Schein trügt, denn die Kinder haben total Spaß dabei. Wir haben so etwas noch nie gemacht und die Idee kam mir beim Lesen einer amerikanischen Bloggerin, die auch so Arbeitszettelchen für ihre Kinder schrieb. Ich bin ganz positiv überrascht, wie gut diese Wunschzettelchen bei uns funktionieren. Ich achte darauf, dass der zeitliche Aufwand nicht groß ist und genug Abwechslung dabei ist. Das Kärtchensystem bietet für die Kinder ein selbständiges Anpacken der Aufgaben und auch ein bewusstes Erledigen. Die Kärtchen dann wieder zurück in den Schlitz der Kartonbox zu stecken und ein Kreuzchen auf der Tabelle zeichnen zu dürfen ist eine große Genugtuung für sie. Die Mädchen sind motiviert und fleißig, sie haben Freude und sind stolz, mir auch was im Haushalt helfen zu dürfen.
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Noch im Nachthemd und ein bisschen Schlaf in den Augen. |
Und natürlich gibt es auch täglich Wunschpunkte für die Kinder. Wie zum Beispiel coole Wasserbomben basteln (die ich bei Miriam auf ihrem Blog 7TagedieWoche entdeckt habe), Tauchringe kaufen und dann ins Hallenbad gehen.
Oder Zitronenbretzel backen.
Heute verkündete ich, dass wir nicht alle Ferienwochen so "arbeiten" werden. Wenn wir dann mit dem VW Bus unterwegs sind (wir wissen noch nicht genau wohin...), dann werden einige Dinge weg fallen und mindestens eine Woche gibt es totale Pause. Da meinte Cosima gleich, dass sie aber jeden Tag, die ganzen Ferien, Wunschzettel bekommen wolle. Ich hob die Augenbrauen. Ein viertel Stunde später dann, als ich sie mahnte, sie solle noch Geige üben, beklagte sie sich, dass sie nicht immer etwas tun müssen wolle, sie wolle auch mal einfach Ferien haben. - Ah, so kenn' ist sie wieder, meine Cosima!
Morgen dürfen sich die Kinder selber die Wunschzettelchen aussuchen und sich ins Marmeladeglas stecken. Cosima hat sich das so gewünscht, nachdem sie mir heute morgen auch welche hingelegt hat, mit einem schelmischen Lächeln.
20 min.lesen, stand auf einem. Danke! Liebend gerne.
Herzliche Grüße
Iren.