Freitag, 9. September 2011

aus dem Leben

Wir haben uns noch nicht gefunden, im Alltagstrott. Aber es lief und läuft immer noch so viel außerhalb, dass wir kaum richtig zur Ruhe, bzw. in den Rhythmus kommen.
Wir feierten innerhalb von fünf Tagen einen 70sten, einen 30sten und einen 40sten Geburtstag und auch noch eine Taufe. Mama mia! Erschöpfung selbstverständlich. 

Thalia kann dann mit ihren schwarzen Kirschenaugen auf eine Art drein gucken - da weiß ich sofort: ich bin schachmatt. Jetzt kann ich machen was ich will, bewegen wie ich will, sagen oder gucken wie ich möchte, sie hat mich. Die Krise ist da, meistens heftig und temperamentvoll. Ich liebe ja diese Kraft und Wucht von Emotionen, die dann kommt, wenn wir nicht gerade etwas Dringendes anstehen haben (wie zum Beispiel in den Kindergarten gehen...). Und ich muss mir tunlichst ein Lächeln verkneifen, weil es dann nur noch schlimmer wird. 

 
Um zur Ruhe zu kommen, besuchten wir zwischendurch die Großeltern. Die Großeltern in Basel zu besuchen heißt, einen Moment inne zu halten. Wir besuchen sie 1-2 mal pro Jahr, am Grab. Leider. Doch so spielt das Leben manchmal und man wird dabei nicht gefragt.
Wir pflegen diese Besuche auch, weil es trotzdem für die Kinder ein Bewusstsein und eine Beziehung zu ihnen gibt. Mein Schwiegervater durfte Cosima noch als Babylein in den Armen halten. Und Cosima ist stolz darauf und schaut sich die Bilder gerne an. Mehr reale Begegnungen zwischen Christians Eltern und ihren Enkelkinder gab es leider nicht. Zu früh sind sie gegangen. Aber wir denken oft an sie und sprechen von ihnen. 



Und die Besuche am Grab sind immer gut, auch für die Kinder. Unser Ritual beginnt damit, dass wir gemeinsam frische Blumen aussuchen. Danach spazieren wir durch die grosszügige Friedhofanlage zu ihnen. 

Wunderschön, wie so ein Ort sein kann! Ruhig und lauschig. Kaum andere Leute, wir sind allein unter uns. Den Stadtlärm hinter sich gelassen, nimmt man plötzlich wieder die innere Stille wahr. An die Vergänglichkeit des Lebens erinnert, fühlte ich mich auch rasch wieder lebendiger und trotz Müdigkeit spürte ich die pulsierende Lebenskraft in mir.




Das Grab hat seinen Platz neben einer Eiche, die anfangs noch jung und klein war, in zwischen aber schon zu einem stattlichen Baum herangewachsen ist. Zur Eiche müssen wir hin, und schon von Weitem sehen wir sie und begrüßen sie und das darunter liegende Grab unserer Lieben.

Wir werden meistens zuerst fleißig. Rupfen Unkraut aus, beseitigen störende Herbstblätter, mahnen den unordentlich wachsenden Lavendel zu mehr Haltung und freuen uns am gesunden Rosenbäumchen. Dann wird gebuddelt und die neuen Blumen eingepflanzt. 
Die Kinder helfen mit und finden noch weitere Tätigkeiten, wie hübsche Dekorationen anderer Gräber bestaunen und anfassen (nein, lass das bitte!), madige Eichelfrüchte sammeln, dicke Würmer entdecken und was auch immer.



 






Die Eiche lädt ein, unter ihren Ästen sich auf das Wieschen hinzulegen und dabei im grünen Laubwerk seinen Blick zu verlieren.


Und Christian nimmt die Einladung gerne an. Er streckt seine Beine, nimmt die Arme hinter den Kopf - müde vom vielen Arbeiten - und denkt sich aus, was er tun würde, falls er einmal obdachlos werden würde. Und mit ach-was-hab-ich-für-einen-einfallsreichen-Mann-stolzen-Ohren höre ich zu:

Ich suche mir einen schönen, starken Baum und baue mir eine Baumhütte. Da werde ich dann leben.


Dieser kleine, besinnliche Zwischenhalt tat uns allen gut. Wir waren danach wieder bereit für die nächste Feier. Kurzum: die Partystimmung war zurück.


War das schon alles? 

Nein, doch nicht! 

Kommenden Samstag geht's bei uns hoch zu und her: Christian wird auch 40 und wir freuen uns auf unsere Party!

Herzlichst,
Iren, die dann auch in eintönigeren Phasen immer noch die Farben des Lebens sehen will



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