Mittwoch, 5. Oktober 2011

Glück - findest du mich?

Heute morgen habe ich Calista beobachtet, wie sie erwacht. Oft kommt sie in den frühen Morgenstunden zu uns ins Bett und schläft dann dort weiter. Manchmal werde ich geweckt, wenn sie mir mit ihren Händchen ins Gesicht patscht und sagt: Mama! Und ein strahlendes Lächeln breitet sich dann auf ihrem Gesicht aus, wenn ich die Augen öffne und sie anschaue. Und mir fliesst das Herz über...

Aber heute war ich zuerst wach und ich guckte ihr zu. Zuerst schlief sie noch wie ein Engelchen und lag ganz entspannt zwischen mir und Christian auf dem Rücken. Plötzlich ruderte sie mit ihren beiden Händen gleichzeitig kurz in der Luft und wurde dann wieder ruhig. Sie hatte ihre Augen immer noch geschlossen. Mit den Füsschen folgte ein Check, ob ich noch da bin. Dann zog sie die Beine an und streckte sie wieder, begleitet mit einem undefinierten Knurren. Sie rieb sich mit der rechten Hand in den Augen und drehte sich auf meine Seite. Aber nicht lange. Sie knurrte wieder ein bisschen und drehte sich auf die andere Seite. Augen immer noch zu. Dann streckte sie ihren linken Fuss, der nachts es irgendwie geschafft hat, sich zwischen den Knöpfen des Pijamas einen Weg ins Freie zu finden und darum nackt war, ganz rüber zu Christian und berührte mit dem grossen Zehen zart sein rechtes Ohrläppchen. Ich musste grinsen. Er hatte Glück, denn es hätte auch heftiger sein können. Ihre Augen waren immer noch geschossen. Sie zog ihren Fuss wieder zurück, lag wieder entspannt auf dem Rücken und rieb sich mit beiden Händen die Augen, begleitet von einem grossen Gähnen. Nun sind auch die Lebensgeister wach geworden. Sie öffnete ihre Augen und blinzelte. Dann gab sie sich einen Ruck und sass auf. Mit verstrubbeltem Blondschopf und zerknittertem Gesichtchen schaute sie mich schlaftrunken an. Ich strahlte sie an: Guten Morgen, Calista! Und knuddelte sie.

Somit ist das schon mein Glückstag. Ich habe schon Glück gehabt heute!
 




Was braucht der Mensch, um glücklich zu sein? Oder: Findet mich das Glück? haben sich auch die Künstler Peter Fischli und David Weiss gefragt. Müssen wir das Glück suchen oder findet uns das Glück? Oder ist es so, wie Franz Kafka es 1921 in seinem Tagebuch formulierte: "Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit. Aber sie liegt dort, nicht feindselig, nicht widerwillig, nicht taub. Ruft man sie beim richtig Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie. Das ist das Wesen der Zauberei, die nicht schafft, sondern ruft." Heisst das, wir müssen das Glück rufen? Es beim Namen nennen? Ja, wir müssen aktiv werden und heraus finden, wie es heisst - unser Glück. Wir müssen es benennen können, damit wir es sehen. Weil unser Glück immer und jederzeit schon erschaffen ist.


Thalia widmet sich im Kindergarten diesem philosophische Thema. Glück gesucht! heisst das wunderschöne Kinderbuch, welches ihnen den Anlass gibt, sich nach dem eigenen Glück zu erkunden. "Zeigst du mir den Weg zum Glück?" fragt der kleine Fuchs im Buch die Tiere im Wald. Und jede erneute Frage bringt eine neue Antwort. Wann bin ich glücklich? Fragen sich auch die Kinder. Was für eine schöne und wichtige Auseinandersetzung mit dem Leben, mit der Herrlichkeit des Lebens! Ich fragte eben Thalia, wann sie denn glücklich sei. Sie meinte, wenn ich ein schönes Leben habe.

Habt ihr eure Kinder schon mal gefragt, wann sie glücklich sind?


Calista ist glücklich, wenn ihre Schwestern von der Schule und dem Kindergarten nach Hause kommen. Wasser macht sie auch immer sehr glücklich!


Cosima ist glücklich, wenn sie Süssigkeiten essen darf und wenn sie Akrobatik macht. Hab eben nachgefragt.


Das Foto von Christian und mir entstand in Venedig vor 15 Jahren. Wir waren glücklich, einander gefunden zu haben!








Bei Honestly WFT wurde diese Woche einen Video vom Freestyle Skater Kilian Martin gepostet. Umwerfend stilvoll und schön...auch für jemanden, der sonst nichts damit am Hut hat. Guckt mal:






Ihm zuzuschauen macht auch glücklich, nicht?


Christian skatet in meinen Augen auch schön, aber niemals so gut und akrobatisch. Er ist dennoch glücklich, weil er sich seinen Wunsch zum 40sten erfüllt: Er sitzt jetzt im Flieger nach New York und wird dort mit seinem Freund Cyril am Broadway Bomb mitmachen - das alljährliche Skater-Spass-Rennen durch Manhattan, bei vollem Verkehr. Etwas für grosse Jungs... ;-)


Und als der junge Inder heute vor dem Lebensmittelgeschäft mir die Hand lesen wollte, um mir die Zukunft vorauszusagen, meinte ich lachend: Ich bin glücklich -  w e i l  ich die Zukunft nicht weiss!

Herzlich,
iren.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen