Samstag, 14. Juli 2012

Ritual am letzten Schultag

Jedes Jahr stelle ich meine Kinder vor dieselbe Betonwand und fotografiere sie, bevor sie den letzten Schultag, resp. Kindergartentag anfangen. Mich fasziniert es, vor Augen geführt zu bekommen, wie ein gelebtes Jahr in solch einem Abbild zu spüren ist. Dieser Vergleich spricht tausend Worte, nicht? 

Im ersten Bild ist Erstklässlerin Cosima noch pausbäckiger, schüchterner, braver und natürlich kleiner. Ihr Kopf leicht zur Seite geneigt mit einem zarten Lächeln im Gesicht, ein Reif mit Schleife hält ihre Haare zurück und der Schulranzen sitzt korrekt auf der Schulter. 

Gestern, ein Jahr später, posiert mir Cosima als Zweitklässlerin schon ganz anders. Obwohl sie dieselben Kleider noch tragen kann, ist sie ein gutes Stück gewachsen. Dieselbe Zeichnungsmappe unterm Arm und Abschiedsrosen für die Lehrerinnen in der anderen Hand, ist der Schulranzen schon lässig über eine Schulter geworfen. Die Haare frei und offen und ihr Kopf frontal zu mir hin gedreht. Mit einem leicht verhaltenen Lächeln schaut sie selbstbewusst in die Kamera.


Was ich natürlich schon lange spüre und weiss, wird mir hier ohne Worte vor Augen geführt. Mama, ich bin grösser geworden!


Dieser Vergleich erfüllt mich mit Freude und ein bisschen Stolz, aber auch mit Wehmut... Es erinnert mich daran, dass meine Zeit, mit Cosima zusammen zu leben, begrenzt ist. Slipping through my fingers... Natürlich ist es bei all meinen Kindern so. Ich habe sie nur auf Zeit, sie sind nur zu Gast. Das ist schmerzhaft schön.

Letztes Jahr war Thalia noch nicht im Kindergarten, damals habe ich noch kein Bild gemacht. Aber hier seht ihr, wie sie gestern posiert hat. Niedlich, süss, mit einem gefalteten Scherenschnitt für die Kindergärtnerin in der Hand. Ein junges Kindergartenmädchen, dass nun ins zweite Jahr kommt und dann zu den Grossen gehören darf. Ich werde auch grösser, sagt ihre Körpersprache im zweiten Bild. Sie schlüpft diese Ferien aus der alten, ersten Kindergartenhaut heraus, sie wird vom "Eichhörnchen" zum "Füchschen". Und die beiden grossen Vorderzähne oben wackeln auch schon leicht. Metamorphose.



Die Kinder fordern mich immer wieder zum Loslassen heraus. Sie verlangen mehr und mehr nach Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Sie wollen nicht überbetreut werden.

Eben diese Woche erhielt ich ein Telefon von Cosimas Lehrerin, die nachfragen wollte, ob wir Cosima nun, wie besprochen, ab nächstes Schuljahr in die Logopädie schicken wollten. Ich bestätigte dies. Cosima braucht keine Sprechhilfe, sie ist aber eine stark ausgeprägte Linkshänderin. Dadurch hat sie viel zu leisten in der Schule, weil ihr ganzes Hirn von links nach rechts sozusagen umprogrammiert werden muss. Instinktiv würde sie immer noch von rechts nach links lesen zum Beispiel. Das zeigt sich auch im Schriftlichen. Dort soll sie nun Unterstützung bekommen und mir erschien das sinnvoll.


Kaum habe ich das Gespräch beendet und Cosima davon erzählt, begann sie zu weinen und protestierte: Ich will das nicht, Mama! Ich will nichts solches, sonst wechsle ich die Schule... Ich versuchte, sie mit der Vernunft abzuholen und erklärte ihr, dass die vierte Klasse in einem Jahr dann viel strenger werde und sie so noch Zeit hätte, um sich zu stärken und darauf vorzubereiten. Es sei als Unterstützung für sie gedacht. Aber sie wollte nichts davon wissen. Mama, ich brauche diese Hilfe nicht, ich schaffe das alleine, ich werde alles lernen, du musst mich einfach machen lassen. Ich kann das. - Das war Cosima's Vertrauensfrage und ich lenkte sofort ein. Ich habe verstanden, Cosima, Du hast unser Vertrauen. Du bist stark genug und wirst es schaffen. Dann verabschiedete ich sie für die Nachmittagsschule und eilte zum Computer um der Lehrerin zu schreiben, dass wir doch keine Logopädie für Cosima wünschen.


So wachse ich mit den Kindern. Und die Kinder mit mir. Jedes Jahr, Tag um Tag ein Stückchen.


Eure Iren.

20 Kommentare:

  1. Eine schöne Tradition, dieses Abschlussfoto.
    Hm und weisst du was? Ich merke gerade - nächstes Schuljahr werde ich Cosimas Lehrerin... :-O
    Ganz liebi grüäss, anja

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  2. Im Ernst?!!! - Ich kann es kaum glauben... die Mischklasse mit den Zweitklässlern? Mit Frau I...m zusammen? Wow! Ich freue mich!!!!!

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  3. Ich bin noch ganz angeregt von deinen Worten... das kann doch kein Zufall sein, oder?! Ich freue mich nun zu wissen, wer Cosima's neue Lehrerin sein wird, auch wenn ich Dich noch nie richtig gesehen habe ;-), aber das wird sich ja bald ändern! Lass uns virtuell schon mal anstossen auf ein gutes Schuljahr! - Und nun weisst du schon, warum Cosima keine Logopädie machen will... ;-)) Herzliche Grüsse, iren

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    1. Na dann Prost! ;-) Habe dir soeben eine Mail geschrieben...

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  4. Meine Freundin E. sagte vor Jahren sehr weise, dass ihr Sohn M. eben nur eine begrenzte Zeit bei ihr ist, und das sie ihn schon bei der Geburt ein Stück loslassen mußte und das das immer so weiter gehen wird. Da war M. noch ein kleiner Junge.
    Heute ist er fast 18 Jahre alt und hat sich in den Kof gesetzt sich zu Verpflichten bei der Bundeswehr. Meine Freundin ist ehrlich geschrieben entsetzt. Aber alles reden und alles ... machen es nur schwerer.
    Ab November kann er frei entscheiden.
    Sie weiß, dass sie ihn gehen lassen muss. Es ist sein Weg.
    Aber ihr Herz und ihre Seele haben einfach nur Angst. Heute ist die Bundeswehr in Kriegsgebieten unterwegs und genau da will M. hin.

    Warum schreibe ich das?
    Hm....

    Ich freue mich zu lesen, wie Du das größer werden eurer Kinder beschreibst. Dieses Ritual finde ich wunderbar und so wie Du die Bilder beschreibst, so kann ich es um so deutlicher sehen.
    Mögen sich Deine Töchter so entwickeln und ihren Weg gehen, dass Dein Herz ruhig sein kann.

    Möge Cosimas Vertrauen in ihre Schreibfähigkeiten weiter wachsen.

    Viele Grüße sende ich Dir durch die Nacht hindurch in die Schweiz, wo gerade drei kleine Mädchen tief schlafen und einfach so größer werden...

    Schönes Bild für mich gerade.

    Herzlichst
    Oona

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    1. Liebe Oona - ohmann! Das ist sehr hart für deine Freundin, den Sohn in den "Krieg" ziehen lassen zu müssen! Aber so ist das Leben, was will man machen? Die Kinder tun oft Dinge, die den Eltern schlaflose Nächte bereiten. Ich mag noch gar nicht daran denken... und will noch die viel harmloseren Jahre vor der Pupertät geniessen, ein paar wenige haben wir ja noch.
      Ich glaube, das Herz kann nur ruhig werden, wenn man Vertrauen hat, und zwar gross geschrieben: VERTRAUEN! Ins Leben und seinen Fluss. Maktub - würde der Alchimist sagen. In dieses Vertrauen muss man sich üben, das hat man nicht immer und einfach so. Da steckt Arbeit dahinter und viele kleine und grosse Prüfungen.

      Dein "Bild" fand ich übrigens auch sehr schön! Ich sage meinen Kinder immer wieder mal: hey, jetzt bist du wieder gewachsen ohne mich zu fragen! Ich verbiete das, du musst vorher fragen. Aber es hilft einfach nicht, sie tun es, schlafend, ohne mich zu fragen. Jede Nacht, Nacht für Nacht. Herzlich, iren

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  5. was für ein schöner post Iren! Metamorphose:)..es stimmt, am meisten wächst man mit seinen Kindern, wenn man es nur zulässt. Vielleicht sollte Cosima lieber Arabisch lernen (oder chinesisch;)) um ihrer "inneren Strömung" nachzugeben und nicht entgegen zu lenken?:)wenn sie dem nachgibt, fällt ihr vielleicht auch das andere leichter!?
    ich freu mich auf jeden post, auch wenn ich es im moment nicht immer schaffe alle auf einmal zu lesen, meistens hole ich es nach;)
    alles liebe
    und ich meld mich nochmal wegen dem fairy heart, ich muss dir schon seit wochen noch meine adresse schicken:))

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    1. Liebe Sarah
      Das mit dem Arabisch denke ich oft! Ihr Grossvater (mein Schwiegervater) stammt ja ursprünglich aus Armenien, ist aber in Ägypten geboren und aufgewachsen. Arabisch war seine Muttersprache und er war natürlich fliessend darin, auch schriftlich. Cosima gleicht ihm sehr stark, vom Aussehen, aber auch sonst gibt es viele Eigenschaften, die sie von ihm geerbt hat. Und ich habe manchmal sogar das Gefühl, dass ihr Drang von rechts nach links auch was Genetisches ist... Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Cosima später einmal arabisch lernen wird. Mein Mann hat es nicht gelernt von seinem Vater, leider, seine Familiensprache war Deutsch, weil seine Mutter aus Deutschland stammte. Früher war man als Einwanderer viel zurückhaltender und versuchte tunlichst, nicht aufzufallen. Auch sprachlich nicht. So hat Christian leider nur wenige Worte arabisch gelernt.

      Ich sage Cosima oft, wenn sie an sich zweifelt, dass sie in Ägypten total richtig wäre. Alles ist nur Ansichtssache, eine Frage des Standpunktes!

      Und wegen den Fairy Hearts musst Du Dich nicht beeilen, ich habe noch und kann jederzeit weitere anfertigen ;-))

      Herzlich, iren

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    2. ja tatsächlich, alles absolut eine Sache des Standpunktes;) wer weiß vielleicht wird sie es ja wirklich mal in Angriff nehmen wollen..vielleicht ist wirklich etwas dran an deinen Gedanken, die Ähnlichkeit..der Drang.. Zu meiner Studienzeit hab ich mal ein sehr interessantes Seminar über Sprachwissenschaften besucht..es ging um den Spracherwerb bei Kindern und wie mühelos sie bis zu 7 Sprachen oder mehr erlernen können. Wie das (auch nur zB zweisprachige Aufwachsen)wiederum die Entwicklung positiv beeinflusst usw.. naja..spannend halt:)
      und ich bin gespannt wie deine Kleinen nächstes Jahr vor der Wand stehen:)

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  6. Das finde ich eine starke Entscheidung, Iren. Toll, dass Du Deiner Tochter so vertraust. Tja... und auch die Bloggerwelt ist klein, nicht wahr Anja :-)!?? Liebe Grüsse, Marianne

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  7. Schönes Rituale mit den Fotos! Muss ich mir merken ;-) Wahnsinn, wie schnell doch Kinder wachsen, reifen, sich verändern und oft bekommt man es als Mama nur rückblickend mit, wenn man sich Fotos anschaut, obwohl man doch jeden Tag mit ihnen zusammen ist, sie sieht, bestaunt, beobachtet, auseinandersetzt.

    Kann dich auch nur bewundern, dass du so viel Ver- und Zutrauen zu deiner Tochter hast. Zeigt mir wieder, dass ich das auch wieder mehr machen muss. Kinder wissen doch noch so gut, was ihnen gut tut. Und es gibt ja keine Zufälle, nicht war (z.B. Lehrerin) ;-)

    Liebe Grüße,
    Miriam

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  8. Liebe Marianne und Miriam: Meine Entscheidung war nach Cosima's Protest der einzige richtige. Die Lehrerin hat glücklicherweise auch sehr verständnisvoll reagiert. Man kann eine Hilfe nicht aufzwingen. Auch wenn Cosima klar eine Schwäche hat, damit rechtfertigt sich das noch nicht.
    Ich weiss nicht, ob der Entscheid "richtig" war, aber sicher auch nicht falsch. Christian und ich versuchen, solche Themen ein bisschen entspannter anzugehen, und nicht immer voller Angst. Angst, etwas falsch zu machen, Angst, dass unser Kind die geforderten Leistungen nicht erbringen wird. Wir alle, inkl. Cosima, wissen um ihre Stärken und Schwächen und das macht sie am Schluss ja auch als interessante, facettenreiche Persönlichkeit aus. Sie wird dass, was sie will und muss, lernen in ihrem Leben. Mit ihren eigenen Strategien. Und wenn das auch nicht nächstes Jahr passiert und sie in der vierten Klasse Mühe haben könnte - was solls. Sie hat das Recht, ihre Erfahrungen zu machen und sie kann ja auch noch später kommen und sagen: ich will etwas verbessern, hilfst du mir. Oder ich kann wieder einmal einen Vorschlag machen. Eine Hilfe muss erwünscht sein, auch bei Kindern. Unbedingt.

    Ja, dieser unglaubliche "Zu-fall", dass Anja (die ich wirklich nur hier durchs bloggen kenne und ich gar nicht wusste, dass sie selbst Lehrerin ist) mir plötzlich schreibt, dass sie die neue Lehrerin von Cosima sein wird, das ist ja echt Wahnsinn! Kleine Bloggerwelt... mit vielen schönen Überraschungen!

    Liebe Grüsse von iren

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  9. selbstbewusst... dachte ich beim sehen des neuen fotos der ältesten, aber das wort taucht ja dann auch im text auf.

    was das loslassen angeht, da weiß wohl jede mutter was. mein kleinster ist 17 und 1,90 groß. die älteren geschwister sind lange aus dem haus, da war es irgendwie anders. nummer 3 ist ein sonderling, früher immer zu still, zu leise, extrem anhänglich, in seiner entwicklung immer hinter anderen her. wurde ein jahr verspätet eingeschult, weil er so extrem ruhig war. heute hingegen: ein riese mit den letzten 2 jahren gymnasium vor augen (jaja der entwicklungsverzögerte), pflegeleicht wie immer schon, unglaublich verantwortungsbewusst, viel zu erwachsen manchmal und noch immer anhänglich. anders als andere und trotzdem kein einzelgänger, gut so. eine therapie seiner entwicklungsverzögerungen habe ich damals im kindergarten abgelehnt, der brauchte einfach nur mehr zeit als andere.
    wenn die kindergärtnerin von damals (die oft klagte, dass der 'spätzünder' nichts begreift und sich nirgends beteiligt) den heute sehen würde... ich würde ihr den jungen zu gern mal vorführen!

    meine tochter übrigens ist linkshänderin. das sieht komisch aus beim schreiben, aber nachdem ich als kind neben einem mädel gesessen habe, deren linkshändigkeit (1973) nicht geduldet wurde, habe ich keine anstalten gemacht, mein kind irgendwie umpolen zu wollen. muss man nicht, sollte man nicht.

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  10. Mein Bruder, der Kleinste, war vom Schulpsychologen auch als schwach intelligent eingestuft worden. Heute ist er Ingenieur mit Hochschulabschluss... Und meine Mutter hatte einmal, nach vielen Jahren die Genugtuung, diesen Mann wieder zu sehen und ihm dies unter die Nase zu reiben. ;-) Es gibt viele solche Geschichte, vor allem bei Jungs, weil die gerne Spätzünder sind. Man muss ihnen einfach Zeit lassen, das Gras wächst nicht schneller wenn man zieht.

    Aber es gibt natürlich auch sinnvolle Hilfe, ganz klar. Die Hilfe ist aber nur so gut, wie das Kind es selber zulässt und mitmacht. Das ist die andere Seite. Und wir lassen nun Cosima selbst ihren Weg gehen, wissend, dass sie vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eine Unterstützung brauchen könnte.

    Ich weiss nicht, ob Du verstanden hast, dass wir Cosima auf Rechtshänderin umpolen wollen? Das ist natürlich nicht der Fall! Christian und ich sind auch Linkshänder und wurden auch nicht umgelernt. Nein, niemand will das heute noch! Aber ihre Linkshändigkeit ist viel ausgeprägter als meine. Das ganze Schrift- und Lesesystem ist ja für Rechtshänder ausgerichtet, dieses System zu verinnerlichen macht ihr noch Mühe, denn es entspricht nicht ihrer Natur. Aber wir lassen ihr nun Zeit, es mit eigenen Strategien zu schaffen. Auch gut!

    Lieber Gruss, iren

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  11. Entschuldigung, scheinbar habe ich wohl wirklich verstanden, dass diese Förderung einer 'Umpolung' ähnlich wäre... hätte mich allerdings gewundert angesichts der Einstellung bzgl. Callista.

    Natürlich ist es gut, wenn ein Kind zusätzliche Unterstützung bekommt - wenn die notwendig ist. Leider ists aber in vielen Fällen so, dass an Kindern rumunterstützt und therapiert wird, wo es nicht notwendig wäre. Oftmals geschieht das aufgrund von Fehleinschätzungen von außen, und damit die Eltern mit anderen mithalten können, die gern verkünden 'mein Kind kann schon...'
    Es ist aber wohl immer ratsam, auf das Kind zu hören und das richtig einzuschätzen. Hätte ich damals irgendwas unternommen um meinen kleinen Faulpelz zu mobilisieren und zu scheuchen, dann hätte ich nur sein Gleichgewicht gestört und ihn aus der ihm eigenen Ruhe gerissen. Mein Leben wäre dadurch mit Sicherheit viel anstrengender geworden, dass er sich allerdings besser entwickelt hätte ist nicht vorstellbar. Man kennt doch sein Kind und dessen Eigenheiten ;)

    Gruß - Sue

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    1. Liebe Sue, ich bin ganz deiner Meinung, dass heute zu früh therapiert wird. Bevor das Kind selber realisiert, dass es etwas weniger gut kann, bevor es sich selber daran stösst oder bevor es merkt, dass es an Grenzen kommt, wird oft schon ein Hilfsprogramm geboten, aus Angst, etwas zu verpassen, aus Angst, nicht mithalten zu können. Hilfe ist super, wenn sie erwünscht ist, Hilfe kann aber auch schwächen. Es ist eine Gratwanderung, eine mehr in der Kindererziehung, aber man darf nicht Angst haben davor. Ich bin überzeugt, dass man auch zu einem späteren Zeitpunkt noch gut Hilfe bieten kann. Eine Freundin erzählte mir gestern, dass auch Remo Largo zu diesem Thema meint, dass man den Kindern nicht immer voreilig helfen soll, dass sie viel mehr und wertvoller lernen, wenn sie Zeit bekommen, eigene Strategien zu entwickeln.

      ZEIT ist das Schlüsselwort, nicht? Wir alle brauchen für unsere Entwicklung in erster Linie Zeit.

      Lieber Gruss, iren

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  12. Manchmal fordern Kinder von ganz allein ein. Wenn sie gelernt habe, dass um Hilfe zu bitten können und dürfen und das ihnen Hilfe gewährt wird- wertfrei. Wie bei eben meiner Freundin E., von der ich oben schon schrieb. Meine Freundin hat ihren Mann verloren, da war sie noch keine 30. M. gerade eineinhalb Jahre alt. Er verlor seinen Vater. Ziemlich dramatischer Unfall im Haus. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben. Jedenfalls hat E. immer afgepaßt, dass M. alles so gut es geht verarbeitet. Immer war sie ansprechbar, obwohl es ihr viele Jahre schwer gefallen ist. Wegen des eigenen Schmerzes.
    Irgendwann war M. so um die 12 Jahre. Da sagte er eines Tages zu seiner Mutter: "Mama,ich brauche Hilfe. Wegen Papa." Und E. sagte:" Du kannst mit mir über alles reden, dass weißt Du." Und M. antwortete ihr: "Nein Mama. Ich brauche professionelle Hilfe."
    Das kam ohne Vorwurf oder so.
    Also ist meine Freundin los und hat für ihren Sohn einen Therapieplatz besorgt. Dort ging er - glaub ich - zwei Jahre hin. Konnte seinen eigenen Weg der Trauer gehen. Mit Hilfe, die er eingefordert und gesucht hat. Und die er bekommen hat.

    Wenn Raum und Liebe da ist, dann ist vieles möglich, was wir heute gar nicht für möglich halten.

    Schöne Träume wünscht
    Oona

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    1. Das ist eine sehr beeindruckende Geschichte, liebe Oona! Du hast Recht, wenn Raum und Liebe da ist, wird viel mehr möglich. Und das möchten wir Cosima geben. Denn Angst macht eng und in dieser Enge ist wenig Entwicklung möglich.

      Vielen Dank für Deine Worte, iren

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  13. Die Idee mit den Fotos am letzten Schultag gefällt mir sehr gut, etwas ähnliches werde ich sicher auch machen!

    Ich wünsche deiner Cosima, dass sie ihre Schwierigkeiten in der Schule auch ohne Hilfe der Logopädin in den Griff bekommt. Ich selbst war früher bei einer Logopädin (wegen Lispeln, wenn ich mich recht erinnere) und habe es eigentlich als recht spaßig in Erinnerung, allerdings denke ich auch, dass der Nutzen von solchen Angeboten weit weniger groß ist, wenn die Patientin die Therapie selbst nicht will.

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    1. Liebe Doreen, hat es Dir geholfen? ich war auch wegen irgendetwas für die Aussprache in der Logopädie. Habe aber keine Ahnung, ob es was geholfen hat. Als Kind hat man keinen solchen Blick auf sich.

      Ich kann mir gut vorstellen, dass Logopädie, Psychomotorik und all diese Dinge, die im Angebot sind, so aufgebaut sind, dass es den Kindern auch Spass macht und der Lerneffekt so verstärkt wird. Und ich bin überzeugt, dass Cosima davon profitieren könnte. Aber das ist wie gesagt nur eine Seite der Medaille. Wir berücksichtigen nun die andere und hoffen, dass es auch so klappt, wahrscheinlich einfach nicht so schnell. Mal schauen, wir sind entspannt und das ist für den Moment sicher nicht falsch. Positive Gedanken sind ja auch wichtig...

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