Mittwoch, 4. Mai 2011

Wasser und Land

In Frankreich geniesse ich es immer, nicht nahe am Meer zu wohnen. Ich habe dann die Wahl: will ich an den Strand fahren und mich in der Menge der Touristen anonymisieren, oder möchte ich "zu hause" bleiben, in der Stille der Natur und die persönlichen Kontakte in der Bäckerei oder Café der kleinen, charmanten Landdörfchen geniessen. Möchte ich viele hübsche Bikinis und coole Badeshorts sehen oder meinen Blick ins weite Grün versenken, in die Farbschattierungen der mediterranen Bäume und Sträucher. - Möchte ich rhythmische Strandmusik hören, das Rauschen der Wellen oder lieber den Zirkaden und den quakenden Fröschen am Abend  zuhören. Oder einfach die Stille einatmen.

Wir machen immer beides und alles. 

Wasser
Ich lieben es, auf einem Liegestuhl am Meer zu liegen, in die Sonne zu blinzeln und ein bisschen mit zu hören, was die Nachbarn auf dem Liegestuhl nebenan zu besprechen haben. Den Kindern die Füße oder den ganzen Körper in den Sand zu puddeln, mit angehaltenem Atem vielleicht die ersten Schritte ins kühle Wasser zu wagen, den Hals beim Schwimmen immer schön gestreckt zu halten, damit die Haare nicht nass werden. Die Strandtücher immer wieder auszuschütten, weil dauernd Sand darauf kommt, der natürlich stört.
Diesen Frühling war es besonders schön, weil es für Calista das erste Mal am Meer war. D.h. sie hat das erste Mal den Sand, das Meer und die Wellen bewusst erlebt und sie war sehr begeistert.



Das Wasser hatte eine magische Sogwirkung auf Calista und sie kroch ohne Zögern in die Wellen hinein. Holte ich sie zurück und setze sie ans sichere Ufer, ging sie gleich wieder auf die Wellen los. Mit viel Freude, mit lachen und jauchzen. Und wir schauten ihr fasziniert zu. Pure Lebensfreude, keine Angst vor dem grossen Wasser, dem salzigen Wasser, dem kalten Wasser.


Cosima liebt das Baden auch sehr, sie ging diese Ferien bei jedem Strandbesuch ins Wasser, egal welche Temperaturen die Luft hatte. Ich bewundere sie dafür, denn ich bin das pure Gegenteil. Ich brauche viel Zeit und Überwindung und gute Temperaturen, bis ich ins Meer schwimmen gehe.




Und auch an Tagen, wo wir nur in Kleidern und Pullovern frierend ein paar Muscheln aßen, ließ es sich Cosima nicht nehmen, ins Wasser zu gehen. Auch ohne liebste Freundin und Schwestern.


Zu beachten sind die Ketch-up Resten an Thalias Mundwinkel... Sie mag die nicht weg putzen, denn so kann sie jederzeit wieder ein bisschen daran lecken.




Land
Bei einem etwas längeren Waldspaziergang in unserer Umgebung haben wir eines Nachmittags diese eindrückliche Eiche entdeckt. Sie steht auf einem privaten Grundstück, das wie unseres, in the middle of nowhere ist, umgeben von viel, viel Wald. Im Meer von vielen jungen Bäumen steht diese große, alte Greisin, die auf gut 1000 Jahre geschätzt wird. Ich habe längere Zeit verzweifelt versucht, ihre Schönheit, Größe und Würde auf der Kamera einzufangen, doch ich empfand jedes Foto als unbefriedigend. Die Ausstrahlung dieses Baumes ließ sich einfach nicht digitalisieren. Aber ich möchte meine ärmlichen Bilder dennoch zeigen, denn vielleicht kann man ahnen, wie atemberaubend es war, diese Eiche zu besuchen.

Kraftvolle, ausladende Äste in der Dicke eines normalen Baumstammes.



Thalia, Cosima, Christian und ich zusammen haben es knapp geschafft, den Stamm zu umringen. 

Was könnte dieser Baum alles erzählen...! Was der schon alles erlebt hat, wie viele Menschen kommen und gehen sehen? Wie viele Kriege und Revolutionen überdauert, Waldbränden getrotzt, starken Mistrals stand gehalten. Kälte und Hitze ertragen, sich beregnen lassen und jedes Jahr wieder neue Blätter ausgetrieben, Schatten gespendet und seine Wurzeln tiefer in die Erde gegraben. Was für eine Stärke!

Wie ein knorpeliges Phantasiewesen zeigt sich der Stamm von der anderen Seite. Sehr beeindruckend ist seine Rinde, die mich an lederne Haut eines uralten Elefanten erinnern ließ.



Etwa 30 Fussminuten von unserem Haus befindet sich dieses charaktervolle Baumwesen und zu wissen, dass es sich so nahe bei uns befindet, macht mich ganz froh. Ich weiss nicht, wie viele Menschen von diesem Baum wissen, denn er ist gut versteckt im Wald, auf einem einsam gelegenen Gut. Es geht deshalb auch etwas Geheimnisvolles davon aus und ich werde mich nicht mehr so schnell dorthin wagen, aus Respekt der momentanen Besitzer gegenüber. Doch ich habe die Eiche nun kennen gelernt und weiss, wo sie ist. Falls es mich mal wieder magisch dorthin ziehen würde... Und im Stillen grüße ich ehrfürchtig diesen mächtigen Baum.

Einjährige, zarte Blätter und uralte, starke Äste.

Zurück zu hause wollte Cosima unbedingt draußen ein Feuer machen und Würstchen grillen. Beim Feuer machen bin ich der Chef. Das war schon immer so. *hüstel* Ich lobe mich ja nicht gerne, aber beim Feuer machen schon. Das kann ich gut. :-) Meistens mit nur einem Zündholz. Ok, meistens benutze ich Zeitung dazu, aber trotzdem. Ich liebe es und wenn Cosima mich bittet, ein Feuer zu machen, dann bin ich schnell dabei.

Auch wenn Regenwolken aufziehen. Kaum guckten wir stolz in die Flammen, kamen auch schon die ersten Regentropfen. Wir waren froh, dass wir bereits ein anständiges Feuer hatten und so holten wir Regenschirme aus dem Haus und setzten uns neben das Feuer. 


Wie jetzt weiter? Vor uns knisterte das Holz in den Flammen und über den Köpfen trommelten die Regentropfen fein auf den gespannten Schirm. Es war lustig und doof zugleich. Wir wollten doch gemütlich grillen. Trotzdem entschieden wir uns, unbeirrt weiter zu machen: Würstchen, Brot, Chips, Wasser und Bier wurde geholt und ich ging mit den Kindern auf Stecklein-Suche. Ja, und bald zeigte sich schon wieder die Abendsonne, mit ihrem goldenen Licht.

Darf ich bemerken? Thalia grillt in ihren Lackschuhen...



Calista, das Waldzwerglein, staunt ins Feuer und fühlt sich wohl. Sie ist gerne draußen in der Natur und wenn sie von ihren großen Schwestern umgeben ist und auf ihre Art mit machen kann, dann ist sie sehr glücklich.







Kitschig!
Ja, es ist ein kitschiges Bild, schon tausendmal gesehen. Aber es war UNSER kitschiger Moment, UNSER kitschiger Abendhimmel und deshalb darf es sein. Alles ist echt, echt so. Und ich freue mich darüber und denke einmal mehr, das ist der schönste Abendhimmel, den ich je gesehen habe!



Au revoir, Frankreich!

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